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Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch am 26. Juni

LVR-Klinik Viersen : Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch am 26. Juni

Eine Drogensucht ist eine Erkrankung, bei der es durch die Wirkung von bestimmten Substanzen insbesondere im Gehirn zu Veränderungen kommt, die Einfluss auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln haben und so die erneute Einnahme dieser Substanzen wahrscheinlicher machen.

Es kommt deshalb mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zum wiederholten Konsum, der dann in eine Abhängigkeitserkrankung übergehen kann. Bei dieser Erkrankung besteht ein fast unabweisbarer Wunsch, die Substanzen einzunehmen und Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren. Trotz schädlicher Folgen (z.B. Führerscheinverlust, Leberzirrhose oder COPD) wird weiter konsumiert und dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben bis dahin, dass sich der gesamte Tagesablauf nur noch um die Droge dreht. Über Veränderungen im Überträgerstoffhaushalt des Gehirns können sich auch eine Toleranzerhöhung und ein körperliches Entzugssyndrom als Zeichen der körperlichen Abhängigkeit ausbilden.

Eine Suchtentwicklung ist ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Es gibt keine spezifische Suchtpersönlichkeit, wie früher gemutmaßt wurde, aber durchaus Risikofaktoren wie u.a. genetische Faktoren, eine Suchterkrankung der Eltern, Vernachlässigung oder Missbrauchs- und Gewalterfahrungen in der Kindheit, Traumatisierungen, psychische Erkrankungen oder auch bestimmte Persönlichkeitszüge (z.B. Bedürfnisbefriedigung, Frustrationstoleranz). Dadurch ist auch erklärbar, dass manche Menschen ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Suchterkrankung haben. Wesentlich ist aber auch die entsprechende abhängigkeitserzeugende Potenz der jeweiligen Substanzen. Kurz gesagt wird unabhängig von irgendwelchen Risikofaktoren fast jeder Mensch von diesen Substanzen abhängig, wenn die Person sie nur lange genug in entsprechender Dosierung einnimmt. Dabei hat, was viele nicht wissen, Nikotin von allen Substanzen das höchste Abhängigkeitspotenzial. Insofern ist Sucht eine Krankheit im medizinischen Sinne, und gerade keine „Charakterschwäche“. Dennoch werden Menschen mit Suchterkrankungen (wie auch mit anderen psychischen Leiden) in der Gesellschaft häufig ausgegrenzt und stigmatisiert, was aufgrund negativer sozialer Folgen die Krankheitsverläufe tragischerweise eher verschlechtert. Wir gehen davon aus, dass während der Corona-Pandemie der Drogen-Konsum tendenziell gestiegen ist. Aus der Praxis können wir das noch nicht bestätigen, was aber nicht verwunderlich ist, weil eine Suchtentwicklung meist ein längerdauernder Prozess ist. So ist es durchaus möglich, dass nach Ende der Pandemie die Anzahl der Menschen mit einer Sucherkrankung spürbar steigen könnte. Die LVR-Klinik Viersen bietet vielfältige ambulante und stationäre Behandlungsangebote für Menschen mit Suchterkrankungen an, auch für Jugendliche.

Dr. Ralph Marggraf,

Ärztlicher Direktor der

LVR-Klinik Viersen