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2 300 Kilometer auf dem Weg

2 300 Kilometer auf dem Weg

95 Tage am Stück wandern, dabei 2 300 Kilometer zu Fuß zurücklegen - für viele ein Schrecken, daran zu denken. Doch für Dorothea und Heinz Alois Federhen aus Bracht war es ein Traum - einmal von Trier nach Santiago de Compostela den Jakobsweg gehen.

Seit drei Monaten sind die beiden Jakobspilger wieder zurück in der Heimat. Mitgebracht haben sie viele Eindrücke, tolle Geschichten und Bilder von ihrem Weg von Trier, durch ganz Frankreich und den Norden Spaniens bis Santiago de Compostela.

"Wir sind durch viele tolle Städte und Orte gekommen, z.B. die Renoir-Stadt, Colombey-les-Deux-Églises mit der Gedenkstätte von Charles de Gaulle, das Kloster Clairvaux", ist der 66-jährige Heinz Alois Federhen noch immer begeistert und zeigt auf die präparierte Landkarte. Doch Zeit zum Sightseeing gab es eher weniger. Für rund 20 bis 25 Kilometer pro Tag waren die Brachter Pilger sechs bis sieben Stunden unterwegs, mit nur zwei Pausen. "Wir sind schon gut trainiert und nach einer Weile ist der Körper eingeübt", sagt Dorothea Federhen.

Blasen blieben aus, aber die Füße seien natürlich strapaziert und schwer, erklärt die 63-Jährige. Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie schon so manchen Pilgerweg gelaufen. Ihren gingen sie 1984 von Assissi nach Rom, mittlerweile haben sie die meisten Jakobswege in Spanien kennen gelernt. "Die eindeutig lustigste Tour war die mit zwei unserer Enkelkinder", erinnert sich Dorothea Federhen, selbst siebenfache Mutter und neunfache Oma. In einer Gruppe zu gehen, sei generell auch anstrengender, da man auf die Befindlichkeiten aller Rücksicht nehmen müsse. Als eingespieltes Team - mit ihrem Mann ist sie seit 43 Jahren verheiratet - ist das schon was anderes. "Man geht in Eintracht, schweigt viel und lässt seine Gedanken auch kommen", weiß die Sozialpädagogin in Ruhestand. "So eine Reise kann auch therapeutisch sein, zum Ballast abwerfen, Probleme aufarbeiten und um wieder auf das Wesentlich zu kommen", ergänzt Heinz Alois Federhen.

Auf die Frage nach dem Motiv für die Pilgerreise, antwortet der ehemalige Lehrer: "Es gibt schon eine religiöse Absicht, aber auch ein wenig Abenteuerlust treibt uns an." Dorothea Federhen beschreibt es als einen "Weg des Vertrauens" - man gehe morgens los und wisse nicht, was einen abends genau erwartet. Was man unbedingt nach einem Wandertag brauche, sei jedoch eine warme Dusche. "Wenn man geschwitzt hat bei 40 Grad oder nass geworden ist - da muss man schon mit Körper und Kräften gut haushalten", berichten die Federhens. Wo sie abends Einkehr hielten, sei manchmal schon abenteuerlich gewesen - von Privatunterkünften und Herbergen, über Kloster, Bürgermeisteramt, alte Schule und Badeanstalt bis hin zu Mühle, Schloss, Winzerhof und Destillerie. Unterkünfte - so unterschiedlich wie der Weg selbst. In Frankreich habe es herrliche Ruhe, sehr schöne Natur und fast menschenleere Flecken gegeben. "Aber auch depressive Eindrücke, wenn man sieht, wie viel Menschen in die Städte geflüchtet sind. Eine alte Frau war ganz allein in einem Dorf und freute sich über jeden Wanderer", erzählt Dorothea Federhen. Beeindruckt war sie dagegen vom Besuch einer Messe in Vézelay. In dem Ort mit rund 500 Einwohnern sei die Kathedrale mit fast 2 000 Gläubigen gefüllt gewesen.

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Natürlich habe es auch einen Moment gegeben, an dem die beiden den Jakobsweg abbrechen wollten. "Die Sinnfrage wird immer gestellt", sagt sie. Er erklärt: "Bei uns gab es den Moment in Frankreich, als wir kein Zimmer mehr gefunden - und so abenteuerlustig draußen zu übernachten, sind wir nun nicht." Notgedrungen haben die Federhens dann 60 Kilometer - das einzige Stück der Reise - nicht weiter zu Fuß, sondern mit dem Zug zurücklegen müssen. Überhaupt: In den gesamten drei Monaten Fußweg haben sich die aktiven Rentner, die sonst bei den TSF Bracht laufen und gerne rudern, nur einen Ruhetag gegönnt - "da hat es gegossen wie aus Eimern." Zeit, auch mal den E-Book-Reader und die Jakobsbibel ("das ist Luxus") zur Hand zu nehmen. Und dann ging es wieder auf den Weg, mit vielen stillen Phasen, wo beide auch mal an den oder das gleiche denken. "Wir sind eben seit 43 Jahren verheiratet, und ich würde es auch wieder tun", strahlt Dorothea Federhen.

(StadtSpiegel)