67 000 Pillen-Päckchen

67 000 Pillen-Päckchen

Reicht das? Sollten die Atomkraftwerke Tihange und Doel in Belgien eine schwere Störung haben, stehen dem Rhein-Kreis Neuss jetzt 67 000 Pillen-Päckchen an Jodtabletten zur Verfügung. Der Landrat kritisiert den Erlass in einem Schreiben ans Innenministerium des Landes NRW.

Rhein-Kreis Neuss (aru).

Im Rhein-Kreis Neuss wird Kritik an einem Erlass des Landesministeriums für Inneres und Kommunales laut, das eine Vorverteilung von Jodtabletten an die Bevölkerung zum Schutz vor den Folgen von Reaktorunfällen für unzulässig erklärt hat. „Die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen meiner kreisangehörigen Kommunen und ich sind der Auffassung, dass sich innerhalb der in Ihrem Erlass genannten Zeitspanne von 21 Stunden nach einem potenziellen Störfall eine Verteilung der Tabletten an etwa 80 000 berechtigte Personen organisatorisch nicht umsetzen lässt“, so Landrat Hans-Jürgen Petrauschke in einem Brief an den Innenminister.

Diese organisatorischen Probleme würden durch das Ministerium noch verstärkt, „da mir mit dem Hinweis auf Familienpackungen nur 67 000 Blister (Päckchen) zur Verfügung gestellt wurden“, schreibt Petrauschke. Er appelliert an den Minister, „dem kommunalen Bereich alsbald die Möglichkeit (zu) eröffnen, den in Frage kommenden Bevölkerungskreis im Rahmen einer Vorverteilung mit ausreichend vielen Kaliumiodidtabletten zu versorgen“.

Sowohl in der Bürgermeisterkonferenz als auch im Ausschuss für Rettungswesen, Feuer- und Katastrophenschutz stand das Thema auf der Tagesordnung. „Die Kritik der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen am Erlass des Innenministers halte ich durchaus für gerechtfertigt“, so Petrauschke. Hintergrund sind die umstrittenen Atomkraftwerke Tihange und Doel in Belgien, deren Stilllegung der Kreistag in seiner Resolution gefordert hatte. Der Rhein-Kreis Neuss und die Vertreter der Städte und Gemeinden wollen die möglichen Verteilungswege für Jodtabletten bis zum 28. Februar gemeinsam erörtern. „Außerdem werden wir Erfahrungen aus anderen Gebietskörperschaften einholen“, so Petrauschke.

Nach den von der Strahlenschutzkommission verfassten Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen liegt der Rhein-Kreis Neuss mit mehr als 100 Kilometern Entfernung nicht in einer sogenannten Zentral-, Mittel- oder Außenzone. Für ihn und vergleichbare Gebiete ist bei einem Reaktorunglück aber vorgesehen, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere mit Jodtabletten zur Herstellung einer Jodblockade zu versorgen.

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Das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Tabletten beschafft und dem Rhein-Kreis Neuss 67 000 Pillen-Päckchen zur Verfügung gestellt. Die zurzeit beim Kreis gelagerten Vorräte werden nach dem 28. Februar an die Kommunen ausgehändigt. Mit Erlass hatte das Land jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Vorverteilung der Jodtabletten an die Bevölkerung grundsätzlich nicht zulässig ist. Seine Fachleute geben zu bedenken, dass bei einem Unglücksfall erfahrungsgemäß nur 15 Prozent der Betroffenen die Medikamente wiederfinden und somit 85 Prozent neu versorgt werden müssten.

(StadtSpiegel)