Crash-Kurs für Fahranfänger

Crash-Kurs für Fahranfänger

An der Gesamtschule Brüggen fand kürzlich ein sogenannter Crash-Kurs für rund 210 Schüler der Oberstufe statt. Polizisten, Sanitäter, Feuerwehrleute und Betroffene berichten dabei von ihren eigenen Verkehrsunfall-Erlebnissen.

Auf dem Weg zu den Stühlen in der Burggemeindehalle sind zwei Särge und schlichte Holzkreuze mit Namen aufgebaut – jeder Name steht hier für ein junges Verkehrsunfallopfer. „Unsere Lehrer haben uns gesagt, dass diese Veranstaltung hier heute an die Substanz gehen könnte, aber irgendwie können wir uns das noch gar nicht vorstellen“, sagt Anna, die mit ihren Mitschülerinnen Sophie, Anna, Kim und Helen gerade die Halle betritt und sich neugierig umschaut. „Die Idee zu den Crash-Kursen für Fahranfänger stammt aus England, wir haben sie vor knapp drei Jahren im Kreis Viersen an insgesamt 18 Schulen (Gymnasien, Gesamtschulen, Berufskollegs) übernommen– die Zielgruppe sind dabei die jungen Fahranfänger, denn die verunglücken unverhältnismäßig oft und schwer“, erklärt Andre Berndt, Verkehrssicherheitsberater der Polizei für Brüggen, Niederkrüchten und Schwalmtal. Er nennt Zahlen: Acht bis neun Prozent der gesamten Bevölkerung gehören zu dieser Altersgruppe, aber deutlich über 20 Prozent davon – also überproportional viele - sind an schweren Unfällen beteiligt. Und drei von vier dieser schweren Unfälle sind Alleinunfälle ohne die Beteiligung anderer.

„Junge Fahrer sind häufig abgelenkt durch Telefonieren oder Nachrichten schreiben, fahren öfter mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit oder stehen unter Alkohol- und Drogeneinfluss – zudem schnallen sich Fahrer und Beifahrer dieser Altersgruppe häufig auch nicht an“, weiß Andre Berndt.

In den Crash-Kursen, die in der Region etwa einmal im Monat stattfinden, wird nicht mit „Schockbildern“ von Verunfallten und dem erhobenen Zeigefinger gearbeitet, sondern mit Originalfotos von zerstörten Autos im Kreis Viersen. Außerdem erzählen Beteiligte aus den Rettungsteams bei Verkehrsunfällen und Angehörige ganz persönlich jeweils von einem konkreten Fall, den sie miterlebt haben. „Das beeindruckt die jungen Erwachsenen sehr, das erkennen wir immer dann, wenn sie während der Veranstaltung plötzlich ganz ruhig und aufmerksam werden“, sagt Martin Gennert, der die Crashkurse im Kreis mit aufgebaut hat. Man wolle genau diese ausgelösten Emotionen, sagt er weiter. Nicht selten haben er und seine Mitstreiter selbst bei den häufig erzählten und gehörten Geschichten wieder Tränen in den Augen stehen. Auch Andre Berndt weiß: „Das gesprochene Wort wiegt schwerer, als jedes nachgespielte Szenario.“

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Beide betonen, dass es darum gehe, die Vermeidbarkeit vieler dieser Unfälle herauszustellen. Auch Michael Arndt, Beratungslehrer der Jahrgangsstufe 11 an der Gesamtschule in Brüggen, sagt, dass durch die Crash-Kurse eine zusätzliche Sensibilisierung der Jugendlichen erreicht werden könnte.

So ist es schlagartig mucksmäuschenstill in der Burggemeindehalle, als Polizist Udo Berndt heute als Erster von einem schweren Autounfall erzählt, bei dem sechs junge Menschen starben, weil sie gemeinsam mit dem Fahrer vor der Fahrt in die Disko „vorgeglüht“ hatten. „Wir haben uns als Ziel gesetzt, pro Veranstaltung einen jungen Menschen zu erreichen, der im konkreten Fall dann positiv einwirkt – irgendwann also nicht in ein Auto mit einem angetrunkenen Fahrer steigt, möglicherweise eher zu Hause anruft und darum bittet, abgeholt zu werden“, sagt der Polizist.

(StadtSpiegel)