Das Herzrasen ist noch nicht vorbei

Das Herzrasen ist noch nicht vorbei

Ehemalige Heimkinder haben im Schmölderpark einen Taschentuch-Baum als Symbol für Trost und Erinnerung gewässert, die bürokratischen Fallstricke bei den Entschädigungsanträgen kritisiert und die Politiker zur Finanzierung ihrer Aufklärungsarbeit aufgerufen.

Der 66-jährige Uwe Werner ist ein Kämpfer. Sonst würde er an diesem Tag hier nicht stehen. Er hält als Vorsitzender der 1. Community (Gemeinschaft) Ehemalige Heimkinder eine kleine Rede im Park - vor Kirchen-, Verbands- und Parteileuten. "Das, was wir durchgemacht haben, ist das schlimmste Nachkriegsverbrechen in Deutschland." Heimkinder wurden in den Jahrzehnten nach 1945 erniedrigt, ausgebeutet, geschlagen und missbraucht. "Die Methoden der Nazis wurden nahtlos fortgeführt." Bis zur Jahrhundertwende kam danach noch das Schweigen von Staat und Gesellschaft dazu, "bevor 2010 ein runder Tisch endlich den Entschädigungsfonds beschloss." Doch um an die knapp 10000 Euro als Ausgleich für ein traumatisiertes Leben zu kommen, müssen sich die ehemaligen Heimkinder durch einen Antragsmarathon quälen; manche schaffen das gar nicht, wenn sie aufgrund der Vergangenheit ihre Bildung verbockt haben. Da dachte sich Uwe Werner: "Ich kenne so viele, die das durchgemacht haben, was ich durchgemacht hatte - denen wollte ich helfen."

Er gründete einen Verein, der mittlerweile als vorbildlich in ganz Nordrhein-Westfalen gelobt wird. Er rückte Bischöfen bei Kirchentagen und Institutionen im Alltag auf die Pelle, er motivierte kaputt gemachte Menschen, nicht aufzugeben und sprang mit seinen Mitstreitern ein, wenn Ex-Heimkinder ohne Angehörige gestorben waren und sich niemand um ihre letzte Würde kümmerte.

Jetzt stockt der kräftige Mann am Mikrofon. Seine Stimme wird rau und er zittert. "Uwe, willst du etwas trinken?" Ein Freund reicht ihm ein Glas Wasser. Alle Gäste im Park beschwören ihn: "Setz dich, Uwe." Das Herzrasen, sagt Uwe Werner, ist noch nicht vorbei. Sein gesamtes Leben lang wird er sich an den psychischen Erschütterungen seiner Jugend abarbeiten müssen.

Dörte Schall, die Sozialdezernentin, findet anschließend sofort den richtigen Ton. "So viele Menschen sind hier, die sich umeinander kümmern. Das haben wir als Gesellschaft Ihnen als Kindern nicht gegeben." Sie sei stolz auf den Verein, "ein tolles Symbol für Mönchengladbach!" Auch der evangelische Superintendent Dietrich Denker entschuldigt sich und spricht von seiner Kirche als "wir Täter". Schließlich bekennt der Landtagsabgeordnete Hans-Willi- Körfges: "Ich schäme mich."

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Uwe Werner nimmt alle diese Demutsbezeugungen dankbar entgegen, kommt aber unmittelbar auf seine Aufgabenliste zurück: "Stellen Sie bitte sicher, dass der Heimfonds 2019 nicht geschlossen wird und fördern Sie weiter unseren Verein." Das versprachen schließlich alle.

(Report Anzeigenblatt)