„Das ist reine Schikane“

„Das ist reine Schikane“

Carina Köbernick versteht es nicht: Stadtoberinspektor Detlef Mooßen vom Ordnungsamt will ihr die private Betreuung von Kindern am Compesmühlenweg untersagen, weil nach seinem "Kenntnisstand eine Gefährdung" vorliegt.

"In meiner Einrichtung ist aber niemand vorbeigekommen", sagt die inkomplett querschnittsgelähmte Erzieherin.

Eigentlich müsste das Jugendamt die private Initiative von Carina Köbernick mit Kusshand aufnehmen, denn die 38-Jährige organisiert unter anderem eine Randzeiten-Betreuung für Kinder, also für Stunden, wenn eine Mutter Schichtdienst hat oder die Eltern beide arbeiten müssen. In ihrem "niilo.club", dessen Name vom Maskottchen herrührt, einem bunt gestreiften Nilpferd, arbeiten pädagogische Fachkräfte und Tagesmütter. Doch weder der Bedarf der Eltern noch das große Engagement der Beschäftigten machen auf die Stadt Eindruck. Im vergangenen Jahr wurde die Nutzungsänderung für die Räumlichkeiten immer wieder hinausgezögert, obwohl das Bauamt nichts zu beanstanden hatte.

Schon damals sprach das Jugendamt der Rollstuhlfahrerin die Eignung für den Job ab und nun setzt das Ordnungsamt noch einen drauf: " So haben sich beim von Ihnen durchgeführten Wickeln von Kleinkindern auf dem Wickeltisch bereits Gefährdungssituationen ergeben." Und: "Das Erreichen des Toilettenbereichs ist Ihnen nicht möglich. Hier können Sie ebenso wenig Hilfestellung leisten, wie im Bereich des Bällebades." Carina Köbernick sagt dazu: "Das Bällebad habe ich selber aufgebaut und in unser WC komme ich besser als bei mir zuhause."

Niemand habe bei ihr vorbeigeschaut, niemand habe mit ihr gesprochen, sagt Carina Köbernick vom "niilo.club". "Das ist reine Schikane." Sie hat das Ordnungsamt eingeladen, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen. Die Stadt will zum "laufenden Verfahren" nichts sagen, lässt aber über ihre Sprecherin Meike Wehner erklären, dass das Ordnungsamt die Einladung angenommen hat.

Monatelang hat Carina Köbernick vom "niilo.club" versucht, mit dem Jugendamt einen Konsens zu finden - vergeblich. "Am liebsten würden die uns dicht machen." Über die Gründe kann sie nur rätseln. Private Anbieter sind der Stadt nicht geheuer. Andererseits kann sie aber flexible Betreuung von Kindern nicht anbieten, am Nachmittag ist bei der Stadt Schluss.
Seit Januar 2016 ist Carina Köbernick inkomplett querschnittsgelähmt. "Das bedeutet: Funktionen kommen zurück. Ich kann schon drei Schritte laufen." Hart muss sie dafür trainieren, Hüft- statt Oberschenkel-Muskeln stärken.

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Zu ihrem eigenen Gefühlszustand nach dem Schreiben vom Ordnungsamt sagt sie: "Mich verletzt vor allem, dass ich so viel Arbeit in dieses Projekt gesteckt habe, aber die offiziellen Stellen das nicht wahrnehmen wollen." Doch nach anfänglicher Schockstarre bemerkt sie bei sich eine wachsende Trotz-Haltung: "Um so böser die Briefe, um so mehr bin ich von meinem Konzept überzeugt." Im Sommer wird sie eine Filiale in Rheydt eröffnen, über das Job-Center hat sie schon Kontakte zu behinderten Menschen aufgebaut, die dort arbeiten können. Nachfragen gibt es genug und Angebote zu wenig.

"Die Stadt kann ja noch nicht mal Neubürgern mit kleinen Kindern ein Kontingent vorweisen, sondern vertröstet sie auf den Beginn des Kindergarten-Jahres im August." Den gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz erfüllt die Stadt erst recht nicht und schaltet außerdem beim abgetretenen Schadensersatzanspruch der Eltern an den "niilo-Club" auf stur: Über 40 000 Euro sind mittlerweile an Forderungen aufgelaufen.

(Report Anzeigenblatt)