Das Spargelfeld und ich

Das Spargelfeld und ich

Stadt Spiegel-Volontärin Gina Dollen war einen Tag auf dem Spargelfeld und berichtet, was alles hinter der Spargelernte steckt, wie man die Stangen aus der Erde bekommt und warum sie am besten „Spargelspitzenstecher“ geworden wäre.

„Durchstechen, nicht reinstochern, sonst geht der kleine Spargel daneben kaputt“, erklingt die Stimme von Spargelbauer Markus Mevissen, während ich versuche, die erste Stange Spargel aus dem Boden zu manövrieren. Erde hängt an meinen Handschuhen, mit denen ich eben noch ein möglichst tiefes Loch um das weiße Gemüse geformt habe. Während mir die Sonne auf den Kopf scheint, beobachte ich die anderen knapp 30 Spargelstecher, die scheinbar spielend leicht eine Stange nach der anderen aus dem 15 Hektar großen Feld holen. Mein Rücken dagegen scheint mir jetzt schon zuzurufen: „Na warte, in zwei Stunden wird dir das noch leid tun!“

Einmal beim Spargelstechen dabei sein, das war der Plan. Doch dass hinter dem Saisongemüse eine Menge Arbeit, Geschick und Planung steckt, hätte ich vorher nie vermutet.

Das fängt schon beim Anbau an. „Man hört nie so wirklich auf, Neues auszuprobieren“, erklärt Markus Mevissen und zeigt auf den Wall aus Erde vor uns. „Hier ist zum Beispiel mehr Abstand zwischen den Wällen, da hinten haben wir den Spargel etwas enger angebaut, um die Dicke zu kontrollieren“, berichtet er. Eine kleine, unscheinbare Wurzel kommt zu Beginn in die Erde, um dann später große Triebe zu entwickeln und eine prächtige Spargelpflanze zu werden. Für die richtige Temperatur sorgt Folie auf der Erde. Die schwarze Oberfläche reflektiert die Sonne und wärmt, ist es zu heiß, wird sie auf die weiße Seite gewendet, die den Spargel kühlt. An ganz kalten Tagen sorgt eine Art Tunnel aus Folie für eine Art Treibhauseffekt. „Ich schaue mir bestimmt fünf verschiedene Wetterdienste an und das fünf Mal am Tag“, erzählt Markus Mevissen grinsend. Erst nach zwei Jahren werden die Pflanzen dann angestochen, im dritten Jahr kann „geerntet“ werden.

Endlich. Unter meinem „Spargelstechwerkzeug“ erklingt ein leises Knacksen. Die erste Stange ist durch und wandert in meine Kiste. Leise jubel ich vor mich hin, was bei den überwiegend polnischen und rumänischen Spargelstechern um mich herum für ein breites Grinsen sorgt. Für die „gute Sortierung“ wäre meine Ausbeute deutlich zu kurz. „Der hier wird dann eher zu den Spargelspitzen wandern“, sagt Markus Mevissen aufbauend, während ich das Loch ordentlich mit einer Art Spachtel verschließe, damit der Spargel darunter wieder wachsen kann.

Nach dem Stechen wandern die mit Nummern versehenen Kisten in kaltes Wasser und werden zur Sortiermaschine gefahren. Durch die Nummern kann später genau nachvollzogen werden, wer wie viel Spargel in welcher Qualität gestochen hat. Knapp zehn verschiedene Sorten und noch mehr Sortierungen von dick bis dünn, weiß bis grün und krumm bis gerade gibt es.

An der Maschine angekommen, wird der Spargel gemessen, gebürstet und die Enden abgeschnitten. Dann macht die Maschine, ganz Hightech, acht Bilder vom Spargel, der dann je nach Form, Farbe, Länge und Dicke in eine der Sortierungskisten gelangt. Doch so gut eine Maschine auch sein mag, Menschenhand ersetzt sie nicht. Deshalb warten an den Sortierungskisten fleißige Arbeiter, die letzte kleine Mängel mit dem Messer entfernen und den Spargel überprüfen. „Der Spargel muss sofort gekühlt werden, damit er keine violette Farbe annimmt“, erklärt Markus Mevissen das Wasser in den Kisten. Vorsichtig tippe ich mit dem Finger in das elf Grad kalte Nass und staune nicht schlecht, dass der Arbeiter neben mir nicht genauso schmerzverzerrt drein blickt wie ich gerade. „Spezielle Thermohandschuhe sorgen dafür, dass es nicht so unerträglich kalt wird“, erklärt Markus Mevissen sofort. Dann geht es in den vier Grad kalten Kühlraum, von wo aus der Spargel in die verschiedenen Läden gelangt.

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Knapp 150 Kilo am Tag schaffen die erfahrenen Spargelstecher. Pro Kopf versteht sich. Ich hingegen bin unheimlich stolz auf meine zehn Stängchen die in der Kiste hin und her kullern. „Den Neulingen hier gebe ich meistens auch eine Woche, bis es wirklich funktioniert“, sagt Markus Mevissen lachend. Na ja, ob die bei mir reichen würde? Ich bleibe dann wohl doch besser beim Schreiben oder werde professionelle „Spargelspitzenstecherin“.

Langsam neigt sich der Tag dem Ende zu und ich bewundere die Spargelstecher, die morgen früh schon wieder auf dem Feld stehen werden. Fast neun Monate sind sie weit weg von ihrem zu Hause und ihren Familien. Sie leben auf dem Hof und haben bei Mevissen eine kleine Ersatzfamilie gefunden. Wenn sie dann wieder nach Hause zu ihren Lieben reisen, beginnt für Markus Mevissen und seine Familie die Planung für das nächste Jahr. Neuer Spargel wird gepflanzt und der ältere gepflegt. Auf in eine neue Spargelsaison, in der ich das Gemüse definitiv bewusster genießen werde.

(StadtSpiegel)