„Die Reise ins Ungewisse“

„Die Reise ins Ungewisse“

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen genau 4 723 Vertriebene und Flüchtlinge nach Anrath, Neersen, Schiefbahn und Willich. Die Hälfte von ihnen blieb – nach Schätzungen – in den Altgemeinden der Stadt Willich wohnen.

In einem Gemeinschaftsprojekt von Heimat- und Geschichtsverein Willich, dem Bürgerverein Anrath sowie dem Archiv der Stadt Willich soll der Weg der Flüchtlinge und Vertriebenen aus ihrer alten in die neue Heimat dokumentiert und ausgestellt werden.

Die Ausstellung mit dem Titel „Reise ins Ungewisse – Flüchtlinge und Vertriebene nach 1945 auf ihren Wegen in die Altgemeinden der Stadt Willich“ ist eingebunden in das laufende Themenjahr „UNTERWEGS an Rhein und Maas“ des Kulturgeschichtlichen Museumsnetzwerk Rhein-Maas. 40 Museen – am Niederrhein und in den Niederlanden – zeigen Formen der Fortbewegung und des Unterwegsseins: von der Geschichte des „Gehens“ bis hin zur Geschichte des Reisens und den prägenden Migrationsbewegungen in Vergangenheit und Gegenwart.

In der Zeit des Nationalsozialismus war Deutschland selbst ein Terrorstaat, der viele Menschen in die Flucht getrieben hat. Dies bekamen die Menschen, die am Ende des Zweiten Weltkriegs in den Ostgebieten Deutschlands lebten, bitter zu spüren. Vierzehn Millionen Menschen mussten aus den Gebieten im Osten vor der roten Armee nach Westdeutschland fliehen, beziehungsweise wurden nach Kriegsende aus ihrer Heimat vertrieben.

Flucht bei minus 27 Grad auf dem offenen Pferdewagen, Vertreibung aus dem eigenen Haus mit nichts außer 30 Pfund Handgepäck, endlose Fahrten in Viehwaggons, Tod und Vergewaltigung als ständige Begleiter, heute sind das Leid und die Auswirkungen dieser Fluchtbewegung kaum noch bekannt.

Aber es gibt noch Willicher, die diese Flucht am eigenen Leib miterlebt haben. Die Heimat- und Geschichtsfreunde Willich, der Bürgerverein Anrath und das Archiv der Stadt Willich lassen diese Zeitzeugen in Videos zu Wort kommen (Video-Projektleiter Albert Brülls sucht noch einige Zeitzeugen, die heute in Neersen und Alt-Willich leben. Kontakt: 02154/7976). Zudem wurden die Bestände des Stadtarchivs zu dem Thema ausgewertet und die 4 723 Einzelschicksale, die sich in Akten wie Anträgen zu Ausweisen widerspiegeln, in mühevoller Kleinarbeit digitalisiert und ausgewertet. Auch Tagebücher – einzelne Passagen sollen von Schauspielern vertont werden – und Fotos, beispielsweise aus Auffanglagern wie der Kulturhalle in Schiefbahn oder der Josefshalle in Anrath, werden weitere Highlights der Ausstellung sein.

Nicht vergessen wird, darzustellen, mit welchen Schwierigkeiten die Neuankömmlinge – die von den Einheimischen wenig begeistert empfangen wurden – hier zu kämpfen hatten.

(Report Anzeigenblatt)