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Die Urne im Wohnzimmerregal

Die Urne im Wohnzimmerregal

„In Deutschland werden einem noch Vorschriften gemacht, selbst wenn man tot ist“ – diese provokante Aussage von WDR-Journalist Dieter Könnes in einem Fernsehbeitrag zum Thema „Geschäfte mit der Bestattung“ war Anlass zu einer Podiumsdiskussion in der Elisabethkirche.

Dass ein Thema wie Tod und Bestattung ein ganz aktuelles und wichtiges ist, zeigte allein schon die bis auf den letzten Platz besetzte Grabeskirche in Eicken.

Mehr als hundert interessierte Gäste unterschiedlichen Alters waren gekommen, um sich zu informieren und in der anschließenden Diskussion Fragen zu stellen oder ihre Meinung zu äußern. Trauerbegleiterin und Organisatorin Ulrike Gresse hatte den Impulsgeber Dieter Könnes selbst als Moderator für den Abend gewinnen können.

Schnell war den Besuchern klar, dass die Mehrheit der Podiumsgäste die derzeitige Bestattungspflicht unterstützt: Pfarrer Wolfgang Bußler als Vertreter der Kirche, Norbert Post für Politik und Verwaltung, Brian Müschenborn für den Bestatterverband und Lisa Höfflin als Trauerbegleiterin äußerten ihren Sichtweisen. Sie stellten die Bedeutung eines öffentlichen Trauerortes für Familienangehörige, Freunde und Nachbarn heraus, denen sonst der Besuch der letzten Ruhestätte nur schwierig oder gar nicht möglich sein könnte. Auch bestehe in unserem Land die Pflicht einer würdigen Begräbnisstätte, was auf Dauer im Privathaushalt kaum nachzuprüfen sei. Friedhöfe seien nicht nur Orte der Trauer, sie seien auch Orte der Erinnerung, Zufluchtsstätten, Plätze der Erholung für die Seele und nicht zuletzt auch Orte, an denen sich unsere Kultur messen ließe.

Ingrid Hoerner hingegen vertrat die Meinung, dass jeder ohne gesetzlichen Zwang über die letzte Ruhestätte selbst entscheiden solle und seine persönliche Art zu trauern auch leben könne. Sie schilderte den aufmerksamen Zuhörern ebenfalls, wie sie Trauernden die Urne Zuhause trotz deutschem Gesetz ermöglicht.

Ein Besucher stellte heraus, dass in der Diskussion der eigene Wunsch der Verstorbenen kaum zur Sprache gekommen sei, dabei sei dies doch sehr bedeutsam. Die Besucher wurden gebeten, vor und nach der Veranstaltung anzukreuzen, ob sie für die Pflicht zur Beisetzung am öffentlichen Platz, für die freie Wahl des Bestattungsortes oder ob sie unentschlossen seien. Das Votum fiel in beiden Fällen deutlich zu Gunsten der öffentlichen Beisetzung aus.

Dieter Könnes schloss mit den Worten: „Die Diskussion hat gezeigt, dass es in diesem bewegenden Thema nicht nur schwarz oder weiß gibt. Doch es ist wichtig, dass in den Familien überhaupt über ein solches Tabu-Thema gesprochen wird.“

(StadtSpiegel)