Ein Plattenladen mit Charakter

Ein Plattenladen mit Charakter

Mit der „Vinylgarage“ hat Mönchengladbach endlich wieder ein Plattengeschäft, das gleichzeitig auch noch ein erfolgreiches soziales Projekt der Kulturküche ist. In dieser Garage ist einfach jeder willkommen.

„Ich bin zu 50 Prozent Plattenhändler und zu 50 Prozent Sozialarbeiter“, beschreibt Christian Goßen schmunzelnd seinen Job in der „Vinylgarage“. Auf einer grünen 50er Jahre Couch zwischen Plattenspielern, Retrolampe und Insidermagazinen erzählt er von der Idee, einen Second Hand Plattenladen in der Mönchengladbacher Altstadt aufzubauen.

Im „Wohnzimmer“ kann man auch einfach nur Platten hören oder lesen
Im „Wohnzimmer“ kann man auch einfach nur Platten hören oder lesen

Die Kulturküche, ein soziales Projekt unter dem Träger „Intres GmbH“, kümmert sich schon seit 2013 mit vielen Projekten um Suchtkranke und verbindet die soziale Arbeit mit Kultur und junger Kreativwirtschaft. Vor knapp einem Jahr sollte dann eine neues Projekt entstehen. „Unser Chef ist sehr Platten-affin und hatte die Idee zur Vinylgarage. Jeder hat ja irgendwie einen Bezug zu Platten, ob Musiknerd oder jemand, der sich einfach nur über den Soundtrack seines Lieblingsfilms freut“, erzählt Goßen. Seit langem gab es kein größeres Revival als das der Schallplatte. Neben der Haptik und dem besonderen Sound, ist laut Goßen vor allem eins wichtig: „Man setzt sich wirklich hin und hört bewusst das komplette künstlerische Werk. Man schaut sich das Albumcover an, hört einen Song nach dem anderen und erkennt Zusammenhänge – das ist was ganz Anderes als eine zufällig ausgewählte Single in Spotify.“

Gerade deshalb sind die Platten auch ein tolles Medium für die Klienten der Intres, die unter der Woche Platten säubern, sortieren und sich im Laden einbringen könne. „Oft werden Erinnerung an die guten Zeiten wach, was immens hilft, von der Sucht weg zu kommen“, berichtet Lara Valsamidis aus dem Vinylgaragen Team. Durch die sinnstiftende Tätigkeit können sich die Klienten wie ganz normale Mitarbeiter fühlen und das ist auch das Ziel. Im Gegensatz zum „normalen Job“ dürfen die Klienten hier aber auch nach einem Rückfall wieder kommen, um an der gewonnenen Stabilität anzuknüpfen.

Dass es so eine breit gefächerte Auswahl an Platten gibt, liegt an den vielen Spendern, die der Vinylgarage bis heute regelmäßig neue Platten vorbeibringen, denn alles was an Einnahmen reinkommt, dient allein zur Selbsterhaltung des Ladens.

Nach einem Jahr hat sich sogar eine Art Stammkundschaft entwickelt. „Es gibt Leute, auf die wartet man schon und wundert sich richtig, wenn sie freitags einmal nicht da sind“, lächelt Goßen. Vom Teenager bis zum Rentner ist da alles dabei. „Wir sind kein elitärer Plattenladen, wo nur Kenner reinkommen dürfen. Bei uns kommst du rein, und es ist völlig egal, wer du bist“, betont Valsamidis. Für Hardcore Platten Fans gibt es sogar eine spezielle Plattenwaschmaschine, um die alten Vinyls wieder auf Hochglanz zu putzen. Hinter der Kasse geht es zum Wohnzimmer, wo man nach dem „diggen“ einfach mal bei einer Cola chillen und sich die neue Platte anhören kann. Ein kleines zu Hause mitten im Plattengeschäft.

(Report Anzeigenblatt)