Entspannt durch den Bomben-Trubel

Entspannt durch den Bomben-Trubel

Man könnte meinen, der allgemeine Weihnachtsstress vermag es mehr, die Gladbacher in innere Unruhe zu versetzen, als es die Situation um die Entschärfung der in der Innenstadt gefundenen Bombe am vergangenen Montag tat.

Regelrecht entspannt verlief die Evakuierung der betroffenen Bürger. In der Sammelstelle im Math. Nat. Gymnasium war dann auch stoische Ruhe die vorherrschende Gefühlslage.

Als am späten Nachmittag die ersten Busse an der als Ausweichlager genutzten Schule ankommen und dort die ersten kurzzeitig ausquartierten Bürger absetzen, weist nur die Beschilderung der Fahrzeuge („Evakuierung“) darauf hin, dass hier etwas außergewöhnlich ist. Die Menschen selbst sind relativ ruhig. Hin und wieder fällt der Wunsch nach einer besseren Ausschilderung des Weges zum „Auffanglager“, aber wirkliche Aufregung sucht man vergebens.

Ein Eindruck, der sich auch im Inneren des Schulgebäudes fortsetzt – kein Wunder, haben die rund 25 Helfer von Arbeiter Samariter-Bund und Malteser Hilfsdienst doch alles bestens organisiert. Bereits am Eingang werden die Neuankömmlinge registriert. Das dient zum Einen der statistischen Auswertung, zum Anderen werden die erhobenen Daten aber auch bei der Personenauskunftstelle hinterlegt. Dort können sich etwa besorgte Familienmitglieder informieren, ob ihre Verwandten sicher in der Anlaufstelle untergekommen sind.

Inmitten der umhereilenden Helfer steht – stoisch wie ein Baum – Andreas Bäumer. Der 47-Jährige hat die Abschnittsleitung in der Unterkunft inne. Seit 1984 ist er bei den Maltesern, somit erprobt in dieser Art von Situationen und folglich auch am heutigen Tag die Ruhe selbst. Immer wieder wird er, während er sich mit der Presse unterhält, von anderen Helfern angesprochen. Wie soll die Getränkeausgabe erfolgen? Wo sollen noch Tische aufgestellt werden? Bäumer delegiert, gibt Anweisungen und wendet sich wieder seinem Gesprächspartner zu.

Ob so eine Evakuierung etwas Besonderes sei, wird Bäumer gefragt. „Nicht wirklich“, gibt er zu Protokoll. „Bereits im vorigen Jahr hatten wir ja eine Bombenentschärfung in Eicken, als die Bewohner, in die Kaiser-Friedrich-Halle ausgelagert wurden. Von daher sind die Abläufe im Grunde schon erprobt.“ Seit Freitag, als die Entscheidung fiel, die Bombe aufgrund ihrer problematischen Lage erst am Montag zu entschärfen, sei ein „rollender Prozess“ in Gang gekommen, in dessen Zuge man sich auf die Situation habe vorbereiten können.

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Auf bis zu 400 Zuflucht Suchende sind die Helfer am Math. Nath. heute eingestellt. Kaffee, Kaltgetränke und ein Abendbrot in Form von Brötchen und Aufschnitt sollen die akutesten Bedürfnisse der Evakuierten stillen. Für den Ernstfall bzw. eine Verzögerung der Entschärfungsarbeiten stünden sogar 400 Feldbetten bereit. Sie werden an diesem Tag nicht benötigt werden.

Und die Evakuierten? Viele haben sich am späten Nachmittag noch nicht in der Sammelstelle eingefunden. An einer der langen Tischreihen in der Halle sitzt eine kleine Gruppe und spielt Karten. Für Micele Botz (37) ist dies bereits die zweite Evakuierung, zu Bundeswehrzeiten hatte er ein solches Szenario schon mal in Freiburg mitgemacht. Wirklich beunruhigt ist er daher auch nicht. Stattdessen scherzt er: „Wenn’s knallt, dann nur einmal.“ Und Nicole Botz (36) ergänzt: „Es wird schon alles schiefgehen, die Verantwortlichen wissen doch, was sie tun.“

Hinten in der Halle sitzt eine ältere Dame und löst Sudokus. Elke Heiliger hat sich bereits darauf eingestellt, dass die ganze Aktion etwas länger dauern könnte, und lässt sich davon auch überhaupt nicht aus der Ruhe bringen: „Sie müssen bedenken, ich bin Kriegskind, da bleibt man bei solchen Dingen gelassen.“ Großen Respekt habe sie aber vor denjenigen Menschen, die die Überbleibsel des Krieges entschärfen. „Man denkt zwar, dass es irgendwie immer gut geht, aber Garantien gibt es dafür ja keine“, sagt sie. Dann wendet sie sich wieder ihren Sudokus zu.

(StadtSpiegel)