Fragezeichen statt Visionen

Fragezeichen statt Visionen

In seiner ersten Stadtratssitzung ging es für den neuen Korschenbroicher Bürgermeister Marc Venten gleich ans Eingemachte: der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr musste eingebracht werden.

Die Bürgermeisterkette hatte Marc Venten ausschließlich für seine Vereidigung im Amt übergelegt. Durch den weiteren Verlauf seiner ersten Stadtratssitzung als neuer Verwaltungs-Chef führte er wie üblich ohne das besondere Statussymbol. Seine Antrittsrede war zugleich die zur Einbringung des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr. Statt über Visionen und Investitionen sprechen zu können, markierte der Bürgermeister viele Daten im Finanzplan mit „großen Fragezeichen“.

„Unsere Kämmerei arbeitet immer sehr gewissenhaft und gibt eher vorsichtige Prognosen ab. Aber vor dem Hintergrund der vor mir eben geschilderten aktuellen Entwicklung kann heute niemand wirklich prophezeien, welche Kosten in den nächsten Jahren noch auf uns zukommen werden – oder, welche Entlastungen es vielleicht geben wird“, sagte Venten. Gemeint war – natürlich – die Bewältigung der Flüchtlingssituation.

Für die allgemeine Haushaltslage mit einem für 2016 errechneten Defizit von rund zwei Millionen Euro, so sollte später Kämmerer Thomas Dückers ausdrücklich betonen, seien jedoch nicht die Flüchtlinge die Ursache.

Dennoch bestimmen sie das Tagesgeschäft von vielen: „Verwaltungsmitarbeiter quer durch viele verschiedene Ämter ringen jeden Tag erneut darum, neue zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten zu finden und die Betreuung der bisherigen Wohnungen und Übergangswohnheime zu bewältigen“, sagte Venten. Der Bürgermeister zeigte in einer Aufzählung, dass Flüchtlinge nicht allein ein Thema des Sozialamts sind. Ferner arbeiten Ordnungsamt, Gebäudemanagement, die Zentralen Dienste und städtischen Eigenbetriebe bis hin zur Wirtschaftsförderung daran mit, die Herausforderungen zu bewältigen. Wie diese in Zukunft zu meistern seien, so Ventens Worte, „weiß im Moment niemand“. Das mag nach Hilflosigkeit klingen, soll aber eher die unvorhersehbare Weiterentwicklung des Flüchtlingsstroms beschreiben. Vor Jahresfrist rechnete die Stadt zum jetzigen Zeitpunkt mit rund 300 Flüchtlingen vor Ort, doch aktuell sind es mittlerweile mehr als 560 Asylsuchende. „Wir brauchen eine Entlastung von Bund und Land, und zwar in finanzieller wie auch in logistischer Hinsicht. Denn durch die mittlerweile notwendig gewordene Belegung der Notunterkünfte wird deutlich, dass auch wir allmählich an die Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen“, so Venten. Nicht unerwähnt und mit einem großen Dank verbunden ließ er dabei das Engagement der Bürgerschaft für eine angenehme Willkommenskultur.

(StadtSpiegel)