Gellen gegen Nazi-Parolen

Gellen gegen Nazi-Parolen

In Brüggen sind fremdenfeindliche Schmierereien aufgetaucht. Bürgermeister Frank Gellen appelliert an die Bevölkerung, gemeinsam dagegenzustehen.

Die ersten Verunstaltungen an Stromkästen waren in der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober angebracht worden, vor allem in der Umgebung des Hallenbades. Sie sind inzwischen beseitigt. Am Wochenende haben dann Unbekannte entlang der Herrenlandstraße Aufschriften und verkehrt herum gezeichnete Hakenkreuze auf Stromkästen, Kleidercontainer und Mülleimer gesprüht.
Der Staatsschutz in Mönchengladbach hat die Ermittlungen aufgenommen. Er kann bisher nicht feststellen, dass es vermehrt solche Schriftzüge im Kreis Viersen gäbe. Die Parole "Asylflut stoppen", die von der NPD verwendet wird, taucht hier überhaupt zum ersten Mal auf. Für diesen Schriftzug haben sich der oder die Täter sogar eine Schablone gebastelt, um ihn immer wieder in gleicher Form aufsprühen zu können. Bürgermeister Frank Gellen will das nicht länger hinnehmen. Auf der Internetseite der Gemeinde und bei Facebook hat er einen Aufruf an die Bürgerschaft formuliert. "wie Sie sicher bereits bemerkt haben, nutzen bestimmte politische Interessensgruppen die aktuelle Flüchtlingskrise für billige Propaganda und blenden damit die tatsächlichen Probleme und damit auch mögliche Lösungen aus", schreibt er. Er sei entsetzt, dass es auch in Brüggen Menschen gebe, "die auf dieses Mittel der feigen Propaganda zurückgreifen". Er wolle nicht leugnen, dass "uns die momentane Flüchtlingskrise vor große Probleme" stelle. Die Farbschmierereien seien aber keine akzeptable Form der Kritik. Er könne Wut und auch Angst verstehen, aber Kritik müsse so ausgelegt sein, dass sie nach Lösungen suche. Er bittet die Bevölkerung, nicht zuzuschauen oder gar wegzusehen, falls wieder Sprayer unterwegs seien. Vielmehr solle man die Polizei oder die Gemeinde sofort informieren. Die Sprayer warnt er: "Sollten Sie weitermachen, würden die Bürger in Brüggen die Augen aufhalten und "an Ihrer Identifizierung mitwirken".

Hier der komplette Wortlaut des Briefes von Bürgermeister Frank Gellen:

Verehrte Bürgerinnen und Bürger der Burggemeinde Brüggen,

wie Sie sicher bereits bemerkt haben, nutzen bestimmte politische Interessensgruppen die aktuelle Flüchtlingskrise für billige Propaganda und blenden damit die tatsächlichen Probleme und damit auch mögliche Lösungen aus.

Leider war in den vergangenen Tagen auch bei uns in Brüggen festzustellen, dass Unbekannte öffentliches Eigentum mit Sprüchen wie "Ausländer raus" oder einem umgekehrten Hakenkreuz beschmiert haben.
Ich bin entsetzt darüber, dass es bei uns Menschen gibt, die auf dieses Mittel der feigen Propaganda zurückgreifen.
Damit möchte ich keineswegs leugnen, dass uns die momentane Flüchtlingskrise vor große Probleme stellt.
Man muss die derzeitige Entwicklung auch nicht gut finden und darf eine eigene Meinung haben. Es wäre aber hilfreich, diese auf sachliche Weise zu artikulieren, damit wir gemeinsam an einer Lösung arbeiten können.
Hinter jeder einzelnen uns zugewiesenen Zahl steht ein Mensch!

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"Ausländer raus" als mittelbare Drohung hilft nicht weiter. Oder wollen wir tatsächlich, dass auch unsere niederländischen Freunde nicht mehr zu uns kommen? Auch sie wären in diesem Sinne "Ausländer".
Wollen wir gegebenenfalls zukünftig nicht mehr im Roermonder Outlet einkaufen können, wenn auch unsere niederländischen Nachbarn ähnliche Sprüche skandieren — dort wären wir Ausländer.

Nein. Das ist nicht die Lösung in der jetzigen Situation.

Wir müssen uns den Problemen stellen und diese im Rahmen unserer Möglichkeiten aus dem Weg räumen. Dabei ist auch der kritische Blick auf aktuelle Ereignisse wichtig. Eine solche Kritik muss sich allerdings die Frage nach ihrer Intention gefallen lassen. Ist sie sachlich und tatsächlich so ausgelegt, dass man einen Lösungsansatz sucht?

Sie werden von uns nicht den Spruch vorgehalten bekommen "Wir schaffen das". Wir versprechen Ihnen allerdings, dass wir alles uns mögliche tun, damit wir es schaffen.

Die bei uns aufgetretenen Farbschmierereien stellen daher für mich keine akzeptable Form der Kritik dar. Wir haben Kontakt zur Polizei und Staatsschutz aufgenommen und werden jede einzelne Straftat konsequent zur Anzeige bringen.

Daher richte ich hier einen Appell an Sie.
Lassen Sie uns nicht zuschauen oder — noch schlimmer — wegsehen, wenn eine verschwindend geringe Minderheit fremdenfeindliche Propaganda bei uns macht. Es muss einen Protest der Anständigen geben und ich würde mir wünschen, dass Sie uns oder der Polizei Beobachtungen melden, die gegebenenfalls zur Ermittlung der Täter führen. Tragen Sie den Aufruf weiter, damit wir uns gemeinsam gegen dumpfe Fremdenfeindlichkeit positionieren.

Ich danke Ihnen!

An die Farbsprayer:
Ich kann Ihre Wut und gegebenenfalls Angst verstehen. Allerdings ist die Art und Weise, wie Sie es vortragen nicht akzeptabel. Wenn Sie Ihre Meinung und Ihre teilweise möglicherweise hörenswerte Kritik anbringen und —viel wichtiger - einbringen wollen, dann treten Sie mit uns in einen fairen und offenen Dialog.
Wir werden Ihre Sorgen ernst nehmen.
Sollten Sie allerdings mit der von Ihnen gewählten Form des Protests fortfahren, müssen Sie davon ausgehen, dass 16000 Menschen in Bracht, Brüggen und Born die Augen offen halten und an Ihrer Identifizierung mitwirken werden.

Lassen Sie uns alle vernünftig und angemessen mit der Situation umgehen.

Ich danke für Ihr Verständnis.

Frank Gellen