Gestempelte Heimatkunde

Gestempelte Heimatkunde

Heinrich Fleischer aus Wickrath hat ein nicht ganz alltägliches Hobby: als „postalischer Heimatsammler“ sammelt er Poststempel. Bei vielen seiner Sammelstücke ist der vollständige Brief mit Inhalt noch erhalten.

Sein ältestes Schriftstück ist datiert mit 3. August 1797, sein wertvollstes ist indes ein elf Jahre jüngeres Beschwerdeschreiben vom 4. Juli 1808.

„In diesem Brief beklagte sich der damalige Wickrather Schlossverwalter Bornheim beim französischen Innenminister in Paris über das schlechte Benehmen der französischen Besatzungssoldaten, die zu jener Zeit das Wickrather Schloss eingenommen hatten“, erzählt Heinrich Fleischer. Der Brief ist vollständig in französischer Sprache verfasst und besteht – wie damals üblich – aus einem einzigen Bogen Papier, der rechtsseitig beschriftet und linksseitig mit Adresse und Absender versehen war. Durch geschicktes Falten erhielt der Bogen seine Briefform. Für Fleischers postalische Heimatsammlung ist der Inhalt des Briefes von untergeordneter Bedeutung. „Der rote Stempelaufdruck ‚103 DAHLEN‘ macht den Kaufpreis für den Brief aus, nicht sein Inhalt“, sagt der 78-Jährige und erklärt, dass dies ein recht seltener Departementstempel sei, der ab dem Jahr 1800 in der französischen Besatzungszeit bis 1813 verwendet wurde. Der Stempel gehört in die „vorphilatelistische Zeit“, ebenso wie der runde Stempel mit dem Aufdruck „WICKERATH“ auf einem Brief vom 29.2.1838 an einen „Herrn Wolters Wohlgeboren in Düsseldorf“. „Dieser Stempel ist der kleinformatige Einkreisstempel mit nur 19,5 Millimeter Durchmesser“, erklärt Heinrich Fleischer und ergänzt, dass dieser preußische Stempel in Wickrath ab der Eröffnung des Postamtes am 1.3.1833 verwendet worden sei. Am 31.10. 1865 schrieb der damalige Wickrather Bürgermeister an „Major von Wellmann Rittmeister Hochwohlgeboren, Coeln“. Der Brief ist bereits mit einer Marke versehen, die mit einem Rechteckstempel „WICKRATH“ entwertet wurde. „Dieser Stempel gehört in die Rubrik ‚preußische Markenzeit’, die am 15. November 1850 begann“, erzählt Heinrich Fleischer, der insgesamt über 100 Sammelstücke zusammengetragen hat, auch solche aus der jüngeren Vergangenheit. Einige Wickrather werden sich noch an den Werbestempel der Gemeinde erinnern, der während und nach dem Krieg in eigener Sache für „Wickrath – die alte Reichsherrlichkeit“ warb und zusätzlich zu dem Schriftzug die Abbildung des Schlosses zeigte. Ein anderer Stempel wurde in der Poststelle „4072 Wickrath-Kuckum“ aufgedrückt. Kuckum gehörte damals noch zur Gemeinde Wickrath.

(StadtSpiegel)