„Ich entschuldige mich“

„Ich entschuldige mich“

Sie ist die zuständige Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration. Jetzt hat Aydan Özuguz im Wohnheim an der Brucknerallee Flüchtlinge besucht, allesamt junge Männer aus Afrika.

Einer von ihnen heißt Namory Camara. Er floh vor zwei Jahren aus seiner Heimat Guinea, weil ihn das Regime wegen der Teilnahme an Demonstrationen ins Gefängnis stecken wollte. Seine Mutter ist tot, seinen Vater kennt er nicht. „Ich bin ganz allein.“ In seiner Heimat hatte er begonnen, Architektur zu studieren. „Inklusive eines Praktikums auf dem Bau“, sagt der 23-Jährige in bravourösem Deutsch. Nun braucht er einen neuen Anfang. Seit 18 Monaten wartet er darauf, dass sein Asylverfahren weiterläuft. „Es geht mir gut, aber langsam werde ich ungeduldig.“ Da Arbeit zu finden für ihn nicht ganz einfach ist, hat sein Leben im Moment eine sehr klare Struktur. „Ich lerne den ganzen Tag Deutsch.“ Montags, dienstags und donnerstags geht er zum Unterricht. „Anschließend mache ich meine Hausaufgaben.“ Außerdem besucht er einen Kurs in der Volkshochschule, „den ich selber bezahle.“

Die schlimmen Ereignisse von Köln verfolgen ihn. „Ich war geschockt.“ Und: „Ich möchte mich bei den Frauen, bei allen Frauen, dafür entschuldigen. In unserer Kultur haben wir sehr großen Respekt vor Frauen.“ Hat er Angst vor den Folgen der Übergriffe? „Eigentlich sollten die Angst haben, die das angerichtet haben.“ Aber wenn man jetzt alle jungen Männer unter den Flüchtlingen über einen Kamm schert, „dann habe ich Angst.“

Plötzlich wird die Tür zum Foyer des ehemaligen Wohnheims für Aussiedler aufgestoßen, die Ministerin Aydan Özuguz kommt herein. „Hallo, wie geht’s?“ Sie begrüßt herzlich die Mönchengladbacher Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel, die den Besuch vermittelt hat. Polizisten sind da, Helfer der Ministerin, Mitarbeiter der Fachverwaltung. Sie geht auf Erwin Wilberg zu und fragt den Hausmeister der Einrichtung nach seinen Erfahrungen. Der nimmt sie mit zu einer kleinen Fotowand, wo viele Gruppenbilder der Bewohner hängen. „Ach, das ist beim Kegeln?“ Sie schaut genau hin, hakt nach, lacht. Nun führt Willi Houben den Tross durchs Haus. Der 62-Jährige leitet den Fachbereich Soziales und Wohnen seit acht Jahren. „2 500 Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr in die Stadt.“ Hier sind es 58. Lange Zeit stand das Gebäude leer. Im ersten Stock läuft die Waschmaschine, die Dusche nebenan wird gerade nicht genutzt. Die Besucherschar guckt sich um. Die Räume sind okay und ordentlich. Dann stehen alle in einem Zimmer, wo fünf Flüchtlinge warten, aus Mali, aus Eritrea und eben auch Namory Camara. Die Ministerin spricht ihn an, erkundigt sich nach Deutschkursen, danach, woher sie kommen, wie lange sie schon da sind. Camara leitet Fragen an seine Mitbewohner weiter, gibt Antwort, übersetzt. Small Talk. Die Ministerin dreht sich um und will den Rundgang fortsetzen. Da fragt Namory Camara. „Eins verstehe ich nicht: Warum sind Sie hier?“ Aydan Özuguz ist überrascht, lächelt und erklärt ihren Auftrag und ihre Absichten. Wenn es zeitlich klappt, besucht sie zwei Einrichtungen pro Woche, in der ganzen Republik.

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Camara setzt nach. „Und noch etwas: Warum dauert das Asylverfahren so lange?“ „Wir wollen das beschleunigen.“ Schließlich möchte Camara noch wissen, warum er eine bestimmte Sprachschule nicht besuchen darf, Syrer und Iraker aber schon. „Das hat etwas mit der Sicherheit in den Herkunftsländern zu tun.“ Bei Flüchtlingen aus diesen Ländern gehe man davon aus, dass das Asylverfahren positiv abgeschlossen wird. Wie das mit Guinea ist, wisse sie nicht. Namory Camara guckt traurig. Er wird sich weiter in Geduld üben müssen. Die Gruppe zieht weiter. Aydan Özuguz zeigt sich beeindruckt von Namory Camaras Auftreten. Nun spricht sie mit den Presseleuten.

Dann sind die Flüchtlinge wieder unter sich.

(Report Anzeigenblatt)