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„Integration muss auch gewollt sein“

„Integration muss auch gewollt sein“

Mittlerweile leben fast 1 000 Asylbewerber in Viersen - wir haben uns mit dem Beigeordneten Dr. Paul Schrömbges und Claudia Ulonska, Abteilungsleiterin für Flüchtlingsangelegenheiten, unterhalten.

Stadt Spiegel: Bald beginnt der Herbst - wird Viersen erneut von einer Flüchtlingswelle erfasst wie im Jahr 2015?

Paul Schrömbges:

„In den vergangenen Jahren haben wir in der Tat eine starke wintersaisonale Zuwanderung gespürt. Wir rechnen auch in diesem Jahr mit einem Anstieg, aber nicht so stark wie in den vergangenen Jahren.“

Warum?

Paul Schrömbges:

„Gerade im Winter kamen in den vergangenen Jahren immer viele Sinti und Roma oder Albaner zu uns - aus finanziellen Anreizen. Es gibt Familien, die kommen seit mehreren Jahren jeden Winter nach Viersen und werden jedes Jahr wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschickt.“

Claudia Ulonska:

„In dieser Zeit bekamen die Familien nach dem Asylbewerberleistungsgesetz finanzielle Hilfe von der Stadt.

Jetzt wurde das Gesetz jedoch geändert, und die so genannten Folgeantragsteller werden nicht mehr auf die Kommunen verteilt, sondern bleiben in den Landeseinrichtungen, in denen sie nur Sachleistungen erhalten. Wir denken, dass daher weniger Asylbewerber zu uns kommen werden.“

Angenommen, es gibt doch wieder eine große Flüchtlingswelle - ist Viersen gut aufgestellt, die Menschen unterzubringen?

Dr. Schrömbges:

„Ja. Aktuell haben wir 500 freie Plätze für Flüchtlinge in der Stadt. Und da sind die 300 Plätze, die das alte St. Cornelius-Krankenhaus in Dülken noch an Kapazitäten hätte, gar nicht eingerechnet. Es wird daher nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt.“

Claudia Ulonska:

„Wir machen uns schon Gedanken darüber, wie im Stadtgebiet die Asylbewerber mit Bleiberecht zukünftig wohnen und leben können. Hier spielt auch das gerade in Kraft getretene Integrationsgesetz eine entscheidende Rolle, welches für diesen Personenkreis eine Wohnsitzauflage vorsieht.

Wir gehen davon aus, dass das Land dieses Thema angehen wird und dann alle Viersen zugewiesenen Asylbewerber mit Bleiberecht auch in Viersen Wohnungen nehmen müssen. Bis ins Jahr 2020 werden wir, vor allem in Alt-Viersen und Dülken, 164 neue Wohneinheiten bauen. Wir werden die Frage der Unterbringung lösen.“

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Unterbringung ist das eine, Integration das andere. Wie ist Viersen hier vorbereitet?

Claudia Ulonska:

„Wir haben personell aufgestockt und mittlerweile dreimal so viele Mitarbeiter, die sich um Flüchtlingsangelegenheiten kümmern wie vor einem Jahr. Darunter auch neue Sozialarbeiter, die Integrationsarbeit leisten.“

Dr. Schrömbges:

„Integration lässt sich aber nicht so einfach von städtischer Seite überstülpen. Sie muss auch von den Bürgern gewollt und ermöglicht werden. Sei es im Kindergarten, in der Schule, in den Vereinen, von den Kirchen oder einfach im öffentlichen Raum auf der Straße.

Eine große Hilfe sind hier auch die rund 100 ehrenamtlichen Helfer, die auf niedrigschwelliger Ebene Integration ermöglichen. Zum Beispiel durch Sprach- oder Nähkurse, bei der Begleitung von Behördengängen oder einfach durch private Einladungen und Hilfen von Familien.“

Thema Schule und Kindergarten: Gibt es hier Probleme mit Flüchtlingskindern?

Paul Schrömbges:

„Nein, die Situation ist unauffällig. Die Schulen und Kindergärten sind im Allgemeinen nicht überlastet. Sicher gibt es zum Beispiel in Boisheim mit 2 000 Einwohnern situative Schwierigkeiten. Aber grundsätzlich gilt: Wir müssen wegen der Flüchtlingssituation keine neuen Kindergärten oder Schulen bauen.“

In diesen Tagen tritt auch das kürzlich verabschiedete neue Integrationsgesetz in Kraft. Was bedeutet das für Viersen?

Claudia Ulonska:

„Der Bund möchte damit 100 000 Jobs für Flüchtlinge, die gute Chancen auf einen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, schaffen. Für Viersen sind 75 Stellen vorgesehen, die von Land und Bund finanziert werden. 16 davon in Übergangsheimen selbst, 59 bei kommunalen, staatlichen oder freien Trägern.“

Paul Schrömbges:

„In der Theorie klingt das erst einmal nach einer guten Nachricht. Dennoch: Gerade einmal zehn Prozent der Flüchtlinge sind für den Arbeitsmarkt überhaupt vermittelbar. Wie wir diese Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren, wird die größte Herausforderung sein, vor allem für die Jobcenter. Gelingt das nicht, wird der in Viersen ohnehin hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen enorm steigen.“

(StadtSpiegel)