Die Zeit nach der NRW-Landtagswahl: Ist der Parteiname schon Programm?

Die Zeit nach der NRW-Landtagswahl : Ist der Parteiname schon Programm?

Wenn man den 48-jährigen Emanuel Mitromaras nach seinem politischen Werdegang fragt, sagt er über sich, dass er ein "Einzelkämpfer" sei. Er ist seit der Kommunalwahl 2014 das einzige Kreistagsmitglied seiner Partei, die Piratenpartei Deutschland, in Viersen.

Er ist mittlerweile bereits glücklicher Opa, pflegt in Kempen einen ergiebigen Schrebergarten, in dem sogar Melonen wachsen.

Emanuel Mitromaras steht mitten im Leben. Dass seine Partei, trotz, wie er meint, guter Arbeit in die Bedeutungslosigkeit zu versinken droht, glaubt Mitromaras insbesondere am Namen seiner Partei festzumachen. Er wird immer politisch aktiv bleiben, weiß Mitromaras, auch wenn die Piratenpartei tatsächlich, was er nicht hoffen will, längst von der politischen Bühne verschwunden sein sollte.

Extra-Tipp: Herr Mitromaras, Ihre Partei ist sang- und klanglos aus dem Landtag geflogen. Woran hat es gelegen, dass sich die Energie ihres Einzugs in den Landtag so schnell verbraucht hat? Warum konnten Sie die Wähler nicht längerfristig von ihrer Daseinsberechtigung überzeugen?

Emanuel Mitromaras: Dass sich die Energie seit unserem Einzug verbraucht hat, kann ich so nicht sehen. Sämtliche Fraktionssitzungen wurden im Geiste der Transparenz online übertragen und sind im YouTube-Kanal PiratenfraktionNRW einsehbar. Zu den Sitzungen wurden Sachverständige eingeladen, beispielsweise Heinz Bontrup zum Thema Schuldenbremse, oder Wolfgang Lieb zum Hochschulgesetz und Bürger konnten sich aktiv durch Fragen einbringen. Warum trotz der guten Leistung unserer Abgeordneten nicht mehr Wähler von uns überzeugt sind, darüber müsste ich spekulieren. Gerade Michele Marsching, dessen Gesicht unter dem von Ihnen angesprochenen Slogan "Geile Politik? Nicht labern, machen" zu sehen ist, scheint bei vielen Bürgern sehr gut angekommen zu sein.
Unsere erste Landtagsfraktion war natürlich auch ein Experiment. 2012 waren für alle überraschend Neuwahlen anberaumt worden. Wir hatten wenig Zeit für die Aufstellung der Listenkandidaten und mit maximal zwölf oder 13 Abgeordneten gerechnet. Bei den dann 20, bedingt durch Ausgleichs- und Überhangmandate, waren auch einige dabei, die sich nicht richtig auf den Landtag vorbereitet hatten. Da passte dann nicht alles so zusammen, wie es erhofft gewesen wäre.
Dann gab es auch noch einen Effekt, der besonders bei einer Partei, die erstmalig in den Landtag einzieht, verfangen hat: Die Landtagspräsidentin hat unsere Abgeordneten eindrücklich darauf hingewiesen, dass sie im Landtag mit Steuergeldern arbeiten und allen Menschen in NRW verpflichtet sind. Wir müssten darauf achten, dass wir mit diesem Geld nur unsere parlamentarische Arbeit, auf keinen Fall damit Parteiarbeit machen. Das wäre dann verdeckte, unzulässige Parteienfinanzierung und strafbar. Unsere verängstigten Abgeordneten haben daher quasi jeden Kontakt zur Piratenpartei gemieden, damit sie sich nicht unbedacht strafbar machen. Dann haben sie viel Energie und Zeit darauf verwendet, sich in den Parlamentsbetrieb einzufinden und waren dadurch wenig sichtbar. In dieser Zeit sind die Umfragewerte von um die zehn schon unter fünf Prozent zurückgegangen. Das lag wohl vorrangig daran, dass besonders die Protestwähler, die uns gewählt haben, anderes erwartet haben und sich daher schnell wieder abgewandt haben. Als dann die AfD gegründet wurde und die Protestwähler anzog, waren wir wieder bei nur noch circa zwei Prozent. Das ist dann bei der Bundestagswahl 2013 und der Europawahl 2014 so bestätigt worden. Bei den Kommunalwahlen 2014 und 2015 konnten wir unsere vorher zwei Ratsmandate in NRW auf etwa 150 steigern. Auch ich bin in den Kreistag gewählt worden. Das bedeutet ja auch, dass unsere kommunalpolitische Vertretungen bis 2020 weiter dafür arbeiten, wofür wir gewählt worden sind. Auch meine Parteikollegen in den Kreistagen, Räten und Bezirksvertretungen machen gute Arbeit und haben sich überwiegend viel Anerkennung erworben. Wir sind zuversichtlich, dass wir 2020 viele der Mandate wieder gewinnen und neue dazu gewinnen werden.

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Ein Wahlslogan Ihrer Partei zur NRW-Wahl lautete: "Geile Politik? Nicht labern, machen!" Ihr Potsdamer Parteikollege Thomas Goede twitterte, nachdem eine Polizistin bei einem Einsatz schwer verletzt wurde: "Weg mit dem Bullendreck." Glauben Sie, dass man so das Vertrauen des Wählers gewinnt, oder will die Partei zum enfant terrible der deutschen Politik werden?

Der von Ihnen angesprochene Potsdamer hat die Partei verlassen. Sowohl der Landesverband als auch die Potsdamer Piraten haben sich eindeutig und unzweifelhaft von dieser unerträglichen Einzelmeinung distanziert. Noch wichtiger ist, dass darauf hingewiesen wurde, dass wir die auch immer wieder gefährliche Arbeit der Polizei für wichtig und wertvoll halten. Wir haben uns für diese Arbeit, für die Sicherheit in Deutschland bedankt. Der schwer verletzten Polizistin haben wir unser Mitgefühl ausgesprochen und ihr Genesungswünsche gesandt.
Die Piratenpartei Brandenburg hat ihre Landesliste zurückgezogen, weil Einzelpersonen nicht von der Liste gestrichen werden können, wodurch die gesammelten Unterstützungsunterschriften ihre Gültigkeit verlieren. Damit hat die Piratenpartei, die um einen Einzug bangen muss, härtere Konsequenzen aus einer potenziellen Billigung einer Straftat durch eine Einzelperson, die mit ihrem hinteren Listenplatz niemals in den Bundestag gelangt wäre, gezogen als andere Parteien bei Personen, die selbst Straftaten begangen haben. Dies sollte durchaus das Vertrauen des Bürgers stärken.

Mit Hinblick auf die Bundestagswahl, welchen Aufgaben muss sich eine zukünftige Bundesregierung stellen?

Aus unsere Sicht muss die neue Bundesregierung die Digitalisierung und besonders den Breitbandausbau mit Glasfaser deutlich beschleunigen durch ein Digitalministerium, klare Verantwortlichkeiten schaffen, die richtigen Elektrofahrzeuge fördern, Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen verstärkt fördern, den sozialen Wohnungsbau vervielfachen und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) durch Studien und Pilotprojekte vorbereiten. Durch die unaufhaltsame Automatisierung im Rahmen der digitalen Revolution 4.0 wird sich in den nächsten Jahren unsere Arbeitswelt sehr stark verändern. Das hat für uns alle viele Vorteile. Die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Wirtschaft wird sich weiter steigern. Die Aufgabe gerade der Bundesregierung ist es, das mit Gesetzen zu begleiten und den Rechtsrahmen für Steuern und Abgaben in diesem Bereich zu setzen. Dann ist auch genug Geld für das bedingungslose Grundeinkommen vorhanden.
Die zukünftige Bundesregierung sollte auch die Kluft zwischen der Politik und dem Bürger verringern, da die intransparente Politik und der Mangel an Möglichkeiten sich außerhalb von Wahlen einzubringen politisch extremen Parteien Ergebnisse im zweistelligen Prozentbereich beschert.