Jugendsprache im digitalen Zeitalter

Jugendsprache im digitalen Zeitalter

"Hallo, I bims, wollt nur sagen, dass wir uns gleich zum nicen Cornern in der Stadt treffen. Dreh den Swag auf und komm rum." Oder: "Läuft, bringe 1 bisschen Lean mit. Wird steil." - so oder so ähnlich könnte der kurze Chatverlauf zweier Jugendlicher aussehen, die sich in der Stadt treffen, um mit ihren Freunden angesagte Substanzen zu konsumieren und zu feiern.

Wer hier nicht mehr mitkommt und Probleme hat, die Sprache zu verstehen, muss keine Angst haben: Die Jugendsprache von heute ist speziell (im Grunde war sie das auch immer) und sie verändert sich stetig.

Die Digitalisierung und ihre technologischen Neuerungen fördern dieses Phänomen. Auch wenn die gesamte Bandbreite der Jugendsprache keineswegs in Kürze erfasst und analysiert werden kann, lässt sich doch ein Einblick geben, wie sie heute aussieht, wodurch sie geprägt wird und warum sie fluider ist, denn je.

Vorweg: Natürlich ist es nicht die Digitalisierung oder irgendeine andere moderne Entwicklung, welche die Jugendsprache verändert. Es sind immer die Jugendlichen, die sie verändern; die Digitalisierung aber unterstützt und fördert die Möglichkeiten für Jugendliche, schnell bestimmte Terminologien, Abkürzungen, Ausrufe usw. zu etablieren und zu verbreiten. Denn früher mussten sich Ausdrücke, wie "knorke" und "das fetzt" oder "dufte Kante" noch über den Austausch im Schulhof, auf dem Fußballplatz oder in der Kneipe langsam durchsetzen. Heute aber gibt es Messenger-Dienste, Chats und Foren und vor allem soziale Netzwerke, die hinzukommen. Und diese eignen sich ganz hervorragend für die Verbreitung einer eigenen Sprache unter Jugendlichen.

Prägend sind hier auch prominente Vorbilder, die auf Instagram oder Facebook teilweise mehrere hunderttausend Follower haben und mit nur einem kurzen Statement erreichen können, dass Fans ihre Sprache nachahmen oder annehmen und abwandeln. Somit können sie in erstaunlich kurzer Zeit die deutsche Sprache verändern. Und diese Veränderung findet tatsächlich statt. Nicht nur Jugendliche sprechen anders, der Duden führt einige moderne Wortneuschöpfungen inzwischen sogar auch auf. Die berühmtesten Vertreter unter ihnen:

  1. "Chillen" für entspannen, sich erholen oder abhängen (Letzteres zählt seinerseits wohl schon zu den etablierten Jugendwörtern)
  2. "Dissen" für jemanden schmähen, degradieren oder fertig machen
  3. "Lol" als eine Art Ausruf großer Heiterkeit

Da das digitale Zeitalter vor allem auch ein schnell-, bzw. kurzlebiges Zeitalter ist, verändert sich die Jugendsprache außerdem so rapide, wie nie zuvor; sie wird immer fluider. Heute also ist vielleicht das "I bims" für "Ich bin es" angesagt, morgen schon das "Swag" für eine lockere Ausstrahlung und guten Style. Da niemand genau sagen kann, wer wo welchen Sprachtrend setzt, hat es die Sprachforschung mit der modernen Jugendsprache auch nicht leicht. Es bleibt abzuwarten, wann die ersten Dissertationen zu "Lol und Rofl" in den Vorlesungssälen der Universitäten diskutiert werden.

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Wo wir schon bei Lol und bei Rofl sind: Wie bereits erwähnt, listet der Duden "lol" bereits auf und erklärt, dass dieses (vor allem im Geschriebenen) meist große Heiterkeit ausdrückt. Unter der Abkürzung "rofl" findet sich im Duden allerdings nur ein Eintrag zu "BüROFLäche", dem scheinbar einzigen im Duden aufgeführten, deutschen Wort, mit dieser Buchstabenfolge. In der Jugend- und hier vor allem der Internetsprache jedoch ist rofl eine fast genauso bekannte Abkürzung wie lol. Und meint im Grunde fast das Gleiche: Lol steht für "laughing out loud" (laut herauslachen), während rofl für "rolling on the floor laughing" (sich vor Lachen auf dem Boden wälzen) steht.

Es ist kein Zufall, dass diese beiden Abkürzungen unter vielen weiteren Abkürzungen, wie "cu (see you); hdl (hab Dich lieb); idk (i don‘t know) usw., die vor allem im Netz gerne zum Austausch mit anderen verwendet werden, hervorstechen. Denn neben der herkömmlichen Kommunikation hat sich das Internetphänomen der "Memes" in den letzten Jahren enorm hervorgetan — nicht nur Jugendliche, sondern auch zahlreiche Erwachsene schicken sich die Bild-Text-Kombinationen, die meist zur Erheiterung beitragen, indem sie eine lustige, neue Bedeutung schaffen. Generell spielt die Unterhaltung, welche die neuen Technologien bieten eine große Rolle. Und da nicht ständig geschrieben werden möchte, wie sehr man sich gerade amüsiert und weil Emotionen sich schwer über einen Chat ausdrücken lassen, muss eben eine passende Abkürzung her — die da eben, aus dem Englischen übernommen, lautet "lol" oder "rofl".

Jugendsprache im digitalen Zeitalter
Foto: fotolia.de © ActionGP (#222192617)

Eine weitere Funktion kommt der modernen Jugendsprache und insbesondere auch den Abkürzungen zu; selbst, wenn Jugendliche sich dessen gar nicht unbedingt bewusst sind, bzw. dies nicht gezielt bezwecken. Nämlich die Abgrenzung von den Älteren. Seit langer Zeit geschieht dies unter anderem eben auch durch eine eigene Sprache, die nicht selten sogar ein wenig ironisch verwendet wird, da der ein oder andere dann eben doch bemerkt, dass manche Wortneuschöpfungen auf andere komisch wirken mögen. Eigene Kodierungen, kreative Neologismen und Kürzel, die innerhalb einer Gemeinschaft (und sei es einer riesigen Internetgemeinschaft) verwendet werden, schaffen Zusammenhalt, geben das Gefühl von Zugehörigkeit und Akzeptanz. Und sie grenzen eben auch gegen beispielsweise die Eltern und Andersdenkenden ab — Werte, die für viele Jugendliche im Heranwachsen keine unwichtige Rolle spielen.

Eindrücklich sind auch die Begrifflichkeiten einzelner Branchen, derer häufig vor allem Jugendliche vertraut sind, da sie einerseits die Zielgruppe bestimmter Unternehmen bilden und da sie andererseits wiederum Abgrenzungen von anderen für individuelle Produkte durch dazu passende Begriffe suchen. Das wohl beste Beispiel bietet die Modewelt. Auch sie ist, so wie sie heute ausgeprägt ist und sich entwickelt, stark von den digitalen Medien, Strukturen und Vertriebswegen vor allem im Onlinebereich geprägt.

So gibt es zwar beispielsweise in der Streetwear-Szene schon seit Langem Turnschuhsammler, die ihre ganz eigenen Fachbegriffe für ihre Leidenschaft entwickelt haben. Dass sich Begriffe wie "Coppen", "Deadstock" und "Hypebeast" inzwischen aber auch bei Mainstram-Sneakerkäufern durchgesetzt haben, ist wohl vor allem auch dem Internet zu verdanken. Denn auf YouTube zeigen dutzende von angesagten Kanalbetreibern ihre Sneakersammlung und in Facebook-Gruppen wird fleißig "getradet", werden also Schuhe miteinander getauscht oder es wird hin- und her verkauft. Und zur Kommunikation wird eben im eigenen Slang gechattet. Dass die Industrie sich diese Trends nicht entgehen lässt, steht außerfrage. Es ist davon auszugehen, dass große Sportmarken genau wissen, was die Jugend bewegt und dass der Jugendslang und Sneakersprech in welcher Form auch immer bereits in irgendwelche Marketingentscheidungen oder Werbeslogans miteinfließt. Aufpassen sollten Unternehmen aber trotzdem, wenn sie die "coole" Sprache der Jugend zu adaptieren versuchen. Denn die "I bims- und LOL-Reimgeguckt-Anzeigen", die Mercedes-Benz im Zuge ihrer jungen Kampagne seit Mitte 2017 verwenden, sind bisher doch eher nach hinten losgegangen. Alleine schon deshalb, weil die Jugend nicht unbedingt die richtige Zielgruppe für etwa eine S-Klasse ist.

Die Sorge einiger Menschen, die Sprache verrohe und gehe mit den jugendlichen Abkürzungen und der Chatsprache verloren, ist unbegründet. Zwar schreitet der Sprachwandel angesichts des schnellen Alltags und des rasanten Tempos der gesellschaftlichen Entwicklung in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung ebenso rapide voran wie ebenjene, dies ist aber weder verwunderlich, noch dramatisch. Denn es ist nicht zu erwarten, dass die Menschen in Zukunft nur noch rudimentär miteinander kommunizieren werden. Sprache hat sich schon immer verändert und wird dies auch in Zukunft tun. Sie ist lebendig und die Jugend trägt ihren teil dazu bei. Besser macht diese Tatsache das Leben nicht, schlechter aber eben auch nicht — Stattdessen verändert Sprache die Kommunikation und vereinfacht sie vielleicht sogar. Warum also nicht?