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Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden an Depressionen

Dramatischer Anstieg : Depression: Immer mehr traurige Teenager

Die Anzahl von depressiven Kindern und Jugendlichen ist dramatisch gestiegen. Vor allem Mädchen und junge Frauen sind betroffen. Wichtig sei eine frühe Prävention, erläutert die Psychologin Franzika Klemm von der KKH.

Manche haben Bauchschmerzen und kommen in der Schule nicht mehr mit, andere sind extrem launisch: Depressionen bei Kindern und Jugendlichen haben unterschiedliche Gesichter. Nach Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse ist die Zahl der 6- bis 18-Jährigen mit ärztlich diagnostizierten depressiven Episoden und wiederkehrenden Depressionen von 2010 auf 2020 insgesamt um rund 87 Prozent gestiegen. Grund dafür ist vor allem das Plus von 117 Prozent bei den 13- bis 18-jährigen jungen Frauen. Bei den gleichaltrigen Männern registriert die KKH im selben Zeitraum einen Anstieg von rund 60 Prozent.

Bei den 6- bis 12-Jährigen sind hingegen gleich viele Mädchen und Jungen betroffen. Auch der Anteil der Kinder mit Depressionen ist laut KKH-Daten zehnmal geringer als der der Jugendlichen (0,4 zu 4 Prozent). Doch gerade bei Kindern dürfte die Dunkelziffer hoch sein, da Depressionen bei ihnen häufiger unerkannt bleiben als bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ein Grund dafür ist die breite Palette teils untypischer Symptome: „Während sich Depressionen bei Jugendlichen und Erwachsenen häufig in Form von Ängsten, Selbstzweifeln, Traurigkeit und Antriebslosigkeit, sozialem Rückzug und Suizidgedanken äußern, erkennen wir sie bei Kindern eher an allgemeineren Symptomen wie geringer Lust zu spielen, Bauch- und Kopfschmerzen, Albträumen, Bettnässen oder starken Stimmungsschwankungen“, erläutert KKH-Psychologin Franziska Klemm. Dies liegt unter anderem daran, dass es Kindern noch schwer fällt, ihre Gefühlslage gegenüber anderen zu beschreiben.

Die Auslöser für eine Depression bei Kindern und Jugendlichen sind vielfältig. Als Risikofaktoren gelten etwa ein negatives Körperbild, unsichere oder fehlende soziale Bindungen, familiäre Belastungen wie ständiger Streit in der Familie, Trennung oder Verlust der Eltern, Vernachlässigung, Missbrauch, Konflikte und Mobbing. Auch belastende Ereignisse wie die Corona-Krise, die das Leben plötzlich auf den Kopf stellen, können eine depressive Störung hervorrufen.

Genetische und hormonelle Faktoren können die Entstehung einer Depression ebenfalls begünstigen – etwa in der Pubertät, was unter anderem den deutlichen Anstieg ab dem Jugendalter erklärt. „Diese Lebensphase ist ohnehin von vielen Veränderungen, großer Verunsicherung, Herausforderungen und somit von einem höheren Stresslevel geprägt“, sagt Franziska Klemm. Kommen dann weitere Belastungen wie Mobbing hinzu, kann dies das Risiko für eine Depression zusätzlich verstärken. „Gerade junge Frauen verbringen mehr Zeit mit sozialen Medien, sind daher anfälliger für soziale Vergleiche und häufiger Opfer von Cybermobbing“, erläutert die Psychologin.

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Ein weiterer Grund, warum mit zunehmendem Alter immer mehr Frauen von einer Depression betroffen sind, kann der unterschiedliche Umgang mit psychischem Druck sein. Frauen suchen häufiger und früher professionelle Hilfe auf. Sie können ihre Symptome meist genauer und ausführlicher benennen, was zu schnelleren und präziseren Diagnosen führt. Männer hingegen beschreiben ihre Depressivität häufig als Stress, anstatt über Traurigkeit und Antriebslosigkeit zu sprechen

Eine rechtzeitige Prävention beziehungsweise das frühzeitige Erkennen einer Depression ist besonders im Kindes- und Jugendalter wichtig, damit sich die Krankheit gar nicht erst negativ auf die Entwicklung auswirken kann. Bei einer Diagnose ist allerdings Feingefühl gefragt. Auch das soziale Umfeld, etwa Eltern und Lehrer, sollten differenzieren und Symptome hinterfragen. „Denn nicht jede Stimmungsschwankung ist gleich eine Depression“, betont Franziska Klemm. Gerade in der Pubertät können Traurigkeit und Verzweiflung auch zum normalen Entwicklungs- und Selbstfindungsprozess gehören und nach einiger Zeit wieder verschwinden. Dennoch müssen solche Phasen und Empfindungen ernst genommen werden. Klemm: „Ein gutes familiäres Umfeld, ein positives Selbstbild und ein konstruktiver Umgang mit den eigenen Emotionen zählen zu den wichtigsten Schutzfaktoren vor Depressionen im Kindes- und Jugendalter.“