„Hundert Jahre Leben“

100 Jahre sind ein stolzes Alter zwischen zwei Weltkriegen, gesellschaftlichen Umschwüngen und vielen persönlichen Erfahrungen. Doch was empfinden Hundertjährige? Was ist ihnen noch alles in Erinnerung geblieben?

Dies kann man in der Wanderausstellung „100 Jahre Leben“ im Caritashaus Hildegundis erfahren. Eine Ausstellung, die noch bis zum 28. September zu sehen ist.

 Marga Fischer (v.l./Leitung Hauswirtschaft), Johanna Rockstroh mit Sohn Fritz und Claudia Wernik-Hübner (Sozialer Dienst) freuen sich über die Ausstellung.
Marga Fischer (v.l./Leitung Hauswirtschaft), Johanna Rockstroh mit Sohn Fritz und Claudia Wernik-Hübner (Sozialer Dienst) freuen sich über die Ausstellung. Foto: Vuhl

Wenn man den Clubraum des Caritashauses Hildegundis von Meer betritt, bekommt man ein völlig anderes Bild geboten als sonst. Die Porträts zehn Hundertjähriger und ihrer Leben springen einem von Stellwänden aus ins Auge. Johanna Rockstroh (103) ist eine von ihnen. Die Bewohnerin der Senioreneinrichtung kann sich selbst nun stolz in der Ausstellung „100 Jahre Leben“ betrachten.

Alles begann mit einer Studie der Universität Heidelberg: der Hundertjährigen-Studie.

Die Forscher wollten den Gesundheitszustand der Probanden ermitteln, um herauszufinden, wie sich das Befinden der Hundertjährigen global und mit der Zeit verändert hat. Die jungen Journalisten des Caritasverbandes Köln kamen anhand der Studie auf die Idee, dieses weitere Projekt, die aktuelle Ausstellung zu starten. „Wir fanden es klasse und haben mitgemacht“, sagt Lydia Wisner, die Leiterin des Seniorenzentrums. Zehn Bewohner verschiedener Caritashäuser, die bei der Studie teilgenommen hatten und dazu in der Lage waren, führten noch einmal Gespräche über ihr Leben. Die daraus entstandene Wanderausstellung geht durch zehn Häuser und wird nun für zehn Tage im Caritashaus Hildegundis von Meer gezeigt. Durch eine hauseigene Sammlung verpassten die Osterather der Ausstellung eine ganz persönliche Note. Auf einem Tisch liegen Gegenstände einer anderen Zeit ausgebreitet, wie der Kittel eines Kleinkindes, ein Handtuchvorhang oder eine alte Kaffeemühle.

„Die Bewohner sind schon alle neugierig“, sagt Lydia Wisner vor der Ausstellungseröffnung. Doch auch die Mitarbeiter der Einrichtung sind wie immer sehr an den Lebensgeschichten der Senioren interessiert. „Das ist unglaublich, was die erzählen können.“ Die Hundertjährigen sind Zeitzeugen der Entwicklung für vieles, was aus dem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken ist, wie Autos, Elektrizität und Telefone. „Sie sind bescheidener groß geworden als wir“, so Lydia Wisner.

Man spürt diese Zeit, wenn man die alten Fotos in Sepia betrachtet. Doch nicht alles war schön.

Johanna Rockstroh hat noch „furchtbare“ Erinnerungen an ihre Flucht nach Osterath und den darauffolgenden Tod ihrer Mutter. Unter den Senioren sind natürlich auch viele Kriegskinder, die teilweise sehr traumatische Erfahrungen gemacht haben.

„Manche erzählen darüber, manche reden nie darüber“, merkt Lydia Wisner an. Es gibt Bewohner, die ihre Kriegszeit wieder durchleben und sich vor Bomben unter dem Bett verstecken oder die Hasenjagd als Bedrohung wahrnehmen. Von der Realität kann man sie nicht überzeugen, da sie in der Vergangenheit leben.

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Voraussichtlich wird es in Zukunft mehr Hundertjährige geben, da sich die Medizin immens weiterentwickelt hat, doch es erkranken auch immer mehr Menschen an Demenz. Wenn Lydia Wisner kognitiv fit bleiben würde, hätte sie nichts dagegen, 100 Jahre alt zu werden. In dem hohen Alter sollte man sich für alle Fälle etwas Humor bewahren, so wie Konstantine Becker, eine der Hundertjährigen: „Wissen Sie, erst im Alter habe ich angefangen, Faltencremes zu benutzen. Vorher kam mir das nie in den Sinn. Als ob das jetzt noch was nützt.“

Wer Interesse hat, sich die Ausstellung der Hundertjährigen anzusehen, kann bis zum 28. September täglich von 7 bis 18.30 Uhr im Clubraum des Caritashauses Hildegundis von Meer in Osterath vorbeischauen.

(StadtSpiegel)