„Soziale Plastik“ in Osterath

Am Mittwoch, 22. Oktober, referiert Beuys-Mitarbeiter Johannes Stüttgen um 19 Uhr im KulturZentrum Mönter, Kirchplatz 1–5, in Osterath, über „Die soziale Plastik und den erweiterten Kunstbe

Osterath.

„Jeder Mensch ist ein Künstler”, äußerte Joseph Beuys 1967 erstmals im Rahmen seiner politischen Aktivitäten. Aus dieser Vorstellung entstand die viel zitierte These der „Sozialen Plastik“. Diese besagt, dass jeder Mensch durch kreatives Handeln zum Wohl der Gemeinschaft beitragen und dadurch plastizierend auf die Gesellschaft einwirken kann. Beuys‘ ehemaliger Schüler und späterer Mitarbeiter Johannes Stüttgen verbreitet diesen Gedanken weiter. Stüttgen studierte ab 1964 in Münster an der Westfälischen Wilhelms-Universität Theologie bei Joseph Ratzinger und von 1966 bis 1971 an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Joseph Beuys. Beuys ernannte Stüttgen 1971 zum Meisterschüler und gründete mit ihm im selben Jahr die „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“. Von 1980 bis 1986 war Stüttgen Geschäftsführer der „FIU Free International University“. Im Anschluss daran gründete er zusammen mit Brigitte Krenkers den „Omnibus für direkte Demokratie“. Stüttgen arbeitete viele Jahre als Kunsterzieher am Gymnasium in Gelsenkirchen. Heute ist er als Künstler und Autor bekannt für seine Arbeit an der Sozialen Plastik. Zu seinen Werken zählen unter anderem „Der Ganze Riemen. Joseph Beuys – der Auftritt als Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf 1966 – 72“. Für seine Arbeit an der „Sozialen Skulptur“ wurde ihm 2004 die „Honorary Fellowship“ der Brooks University Oxford verliehen.

Um die Plastik im sozialen Bereich zu begreifen, muss für Stüttgen der Kunstbegriff auf alle eigenen Tätigkeiten des Menschen erweitert werden. Wie ein Bildhauer durch seine Tätigkeit eine Skulptur entstehen lässt, führt der Mensch mit seinen Gedanken, Worten und Taten eine künstlerische Tätigkeit aus. Beuys‘ eingangs erwähnte These „Jeder Mensch ist ein Künstler“ meint, dass jeder selbst die Verantwortung für die Form seines Kunstwerkes trägt. Deshalb ist auch jeder Mensch verantwortlich für seine individuell ausgeführte Tat zum Wohl des sozialen Ganzen. Eine Tat sei nur dann künstlerisch, wenn sie aus ihm selbst komme. Sie dürfe nicht von außen diktiert werden. Nur so eröffne sich dem Menschen die Möglichkeit, sein Leben zu gestalten. Der Mensch hat die Möglichkeit, aus seinem Ich heraus ein Kunstwerk zwischen und mit den Menschen zu schaffen“, erklärt Stüttgen.

Voraussetzung für die Entstehung der Sozialen Plastik ist die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. „Der Mensch muss sich von den von außen diktierten Grundsätzen, Handlungen und Gewohnheiten befreien“, so Stüttgen. Die Selbstbestimmung am Arbeitsplatz werde immer weniger, gleite in die Sachbestimmung und ökonomische Orientierung ab und raube des Menschen Würde, freie Entfaltung und Kreativität. „Der Mensch muss sich über seine eigentlichen Ziele klar werden und muss seine Begriffe neu ordnen“, unterstreicht Stüttgen. So erkennen Menschen vielleicht, dass sich ihre echten Wünsche und Bedürfnisse gar nicht so sehr voneinander unterscheiden und kommen sich näher. In der neuen Evolution, die dann durch die menschliche Tätigkeit beginne und zur Sozialen Plastik führe, soll die Politik durch die Kunst ersetzt wer

den. Außerdem soll eine ideale freie Schule entstehen, ohne Einwirkung des Staates. „Jede Handlung wäre dann eine künstlerische Tätigkeit“, so Stüttgen.

(StadtSpiegel)