Von Höcksken auf Stöcksken: Mehr als nur Steine und Mörtel

Von Höcksken auf Stöcksken : Mehr als nur Steine und Mörtel

Eine kleine Geschichte für den heutigen Mittwoch: Ein junger Mönch sollte beim Aufbau eines Waldklosters helfen. Und dann auch noch mit 1.000 Steinen eine Mauer bauen. Was einerseits als große Ehre aufgefasst wurde, war andererseits auch eine gigantische Bürde.

Denn der Mönch hatte von Stein und Mörtel nun wirklich gar keine Ahnung.

Aber er kniete sich in die Aufgabe hinein, gab sich die größte Mühe. Wenn ein Stein auch nur einige Millimeter verrutscht war, schenkte er dem Malheur die höchste Aufmerksamkeit — so lange, bis alles wieder im Lot war.

Als der Mönch fertig war, trat er einige Schritte zurück und betrachtete sein Werk. Oh, Mannomann. Zwei Steine saßen völlig schräg im Mauerwerk und verdarben den Gesamteindruck. So ein Käse! Am liebsten hätte der Mönch meterhohen Kirschlorbeer vor die Mauer gepflanzt. Beidseitig. Aber es war nun mal passiert. Wenn eine Besichtigung des Waldklosters auf der Tagesordnung stand, führte der Mönch die Besucher schön im großen Bogen um die Mauer herum. Was schämte er sich.

Dann, eines Tages, die Mauer trotzte Sturm, Sonne und Wind, kam ein älterer, viel weiserer Mönch zu Besuch. Auch er ließ sich das Kloster zeigen, bestand darauf, auch einen Blick in den letzten Winkel zu werfen. Keine Chance also, die Mauer mit den zwei schiefen Steinen zu verheimlichen. "Ja, Donnerwetter, diese beiden schiefen Steine, das sieht ja schlimm aus", grummelte der ältere Mönch. Der junge hätte sich gern in den Kirschlorbeer verkrochen, aber Kirschlorbeer gab es ja nicht. Dann sprach der ältere Mönch weiter: "Aber ich sehe auch 998 Steine, die wirklich meisterhaft verbaut wurden."

Schöne Geschichte, oder? Ich habe sie in dem Buch "Die Kuh, die weinte" von Ajahn Brahm gelesen. Eigentlich ganz — harmlos. Und dann doch wieder richtig herzlich.