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Meine Oma kann Computer

Meine Oma kann Computer

Die Begegnungsstätte der AWO in Giesenkirchen bietet dienstags ab 15 Uhr das Internet-Café für Senioren an. Eindeutig in der Überzahl waren beim Besuch des Stadt Spiegels aber die Seniorinnen.

Briefe Schreiben, eine CD einlegen, öffnen und nutzen, Fotos anschauen, Reiserouten planen, eine Bestellung aufgeben, das kostenlose Virenprogramm herunterladen. Für die meisten Routine, aber eben nicht für alle. Es ist nie zu spät, wie das Internet-Cafe für Senioren auf der Schloß-Dyck-Straße 2 beweist.

An anderen Dienstagen sind sechs bis acht Teilnehmer anwesend, aber an diesem heißen Tag hielten Angela, Anita und Lisa die Stellung, immerhin in Gesellschaft eines einzelnen männlichen Teilnehmers. Vorsitzender Lutz-Dieter Mertens, seit 35 Jahren ehrenamtlich bei der AWO tätig, begleitet in den Raum, in dem überwiegend an eigenen Laptops gearbeitet wird. "Ja, die meisten bringen ihre eigenen Rechner mit, denn an fremden Rechnern bringt das gar nix", sagt Horst Pöstges, der den Kurs, ebenfalls ehrenamtlich, leitet und im wirklichen Leben Polizist war. "Senioren haben oft Angst im Umgang mit dem PC. Angst, Fehler zu machen. Hier können sie Sicherheit gewinnen", sagt der Kursleiter.

Die meisten Kurse spulen einfach ihr Programm ab. Hier ist es individueller, denn jeder hat ein anderes Problem." Der Bedarf bei den Frauen entstand hauptsächlich, da ihre Ehemänner verstorben sind. Sie hinterließen Computer, die sie zuvor ausschließlich allein nutzten und die Ehefrauen noch kein wirkliches Interesse an der "Materie" entwickelt hatten. Wenn Ehefrauen sich etwas vom Ehepartner erklären lassen, bleibt das Verständnis oft auf der Strecke. Es scheint ein Phänomen zu sein, dass man von einer Person, zu der man Abstand hat, besser lernt. "Frauen haben oft Scheu vor der Technik. Aber die Zeiten haben sich geändert", sagt Horst Pöstges. "Frauen kochen und Männer reparieren Autos, ist nicht mehr." Heute wird dies so kombiniert: Eine Teilnehmerin zum Beispiel hatte einen Handwerker gesucht. Über "My hammer" hat sie ihn gefunden. Dank ihrer Kenntnisse, die sie inzwischen anwenden kann. "Es hat super geklappt", sagt Lisa . "Ich habe einen Fachbetrieb beauftragt. Es ging schnell und war praktisch." Und nicht nur das. Sie und ihre Freundin Anita planen eine Reise nach Schweden per Schiff. Sie sind schon regelrecht im Reisefieber und googeln sich bereits durchs Land.

Lisa schaut sich fantastische Bilder von Nordlichtern an und Anita, 73 Jahre alt, plant Radtouren. Sie arbeiten zielgerichtet und souverän, scheinen keine Angst mehr vor den "Knöpfchen" zu haben. Auf die Frage, ob Snowden und NSA die Senioren nicht noch ängstlicher gemacht hätten, den Computer zu nutzen, meint Horst Pöstges, er habe den Anschein, eher das Gegenteil sei der Fall. Eher nach dem Motto "jetzt ist doch sowieso alles egal".

Ein Hilferuf von Angela : "Ich habe doch einen Briefkopf angefangen. Aber wo ist der denn jetzt?" Kursleiter Pöstges ist sofort zur Stelle und erklärt in verständlich anschaulicher Weise, und dies nicht gerade auf Hochdeutsch, wie man etwas wiederfindet und wie der Benutzer Ordnung in die ganze Geschichte bringt. Ordner müssen angelegt werden und Angela muss den Dingen einen Namen geben. Das leuchtet ein. "Selber machen ist wichtig", meint er. Aber dies weiß jeder aus eigener Erfahrung. Aus selbst gemachten Fehlern lernt man am besten. "Wir kommen sehr gerne hier hin! Also ich auf jeden Fall", sagt Angela und man sieht den anderen an, dass sie auch gerne dabei sind.

(StadtSpiegel)