1. Mönchengladbach

Angriffe gegen Polizei, Feuerwehr, Sanitäter immer brutaler

Aggressionen gegenüber Polizisten, Feuerwehrleuten und Sanitätern nehmen zu : Wer schützt unsere Beschützer?

Ob in der Silvesternacht in Berlin oder bei der Demo in Lützerath – die Aggressionen gegenüber Polizisten und Feuerwehrleuten nehmen zu. Und nicht nur das. Auch Mitarbeiter vom Ordnungsamt und von Hilfsorganisationen werden bedroht, verbal und körperlich attackiert. Wie ist die Situation in Mönchengladbach und wie können „unsere Beschützer“ besser geschützt werden? Der Gladbacher Landtagsabgeordnete Jochen Klenner hat das Thema in einer Videokonferenz aufs Tapet gebracht.

Personalvertreter von Polizei, Feuerwehr, dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOS) und den Hilfsorganisationen – sie alle folgen am Donnerstagabend, 12. Januar, der Einladung der CDU Mönchengladbach und schalten sich zu.

Jochen Klenner eröffnet die Debatte mit der Feststellung: „Die Angriffe gegen unsere Einsatzkräfte werden immer brutaler – und auch in Mönchengladbach hat es schon schwerwiegende Attacken gegeben.“

„Eine stark steigende Tendenz“ sieht auch Martin Heinen, Sprecher der CDU-Ratsfraktion im Ausschuss für Feuerwehr, öffentliche Ordnung  und Katastrophenschutz. Selbst in der „heruntergefahrenen“ Coronazeit sei die Zahl der Aggressionen nicht zurückgegangen und man habe sogar einen Mitarbeiter des KOS verloren.

Zugenommen, da ist man sich einig, habe in Mönchengladbach vor allem die Qualität der Übergriffe, nicht die Quantität. Sogar an Tagen, an denen eine Ausnahmesituation herrsche, schon allein, weil mehr Alkohol getrunken werde – an Silvester, Karneval oder Kirmes – sei die Zahl nicht gestiegen. „Mönchengladbach ist nicht vergleichbar mit Berlin“, betont der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Mönchengladbach, Dominic Gläser. Insbesondere Alkohol- und Drogen-Exzesse sieht Axel Küppers, Personalratsvorsitzender der Stadt Mönchengladbach, als Ursache für zunehmend ausufernde Übergriffe, vor allem gegenüber Sanitätern vom Rettungsdienst. „Wenn man mit älteren Kollegen spricht“, sagt Küppers, „das war früher nicht so!“

Ähnliche Erfahrungen hat Rene Hartmann, Kreisbeauftragter Katastrophenschutz des Deutschen Roten Kreuz Mönchengladbach gemacht. „Als Notfallsanitäter muss man immer gucken, wo man sich zurückziehen kann“, sagt er, berichtet von einem Festival, auf dem ein Ehrenamtlicher mit Fäusten ins Gesicht geschlagen wurde“ und gibt zu bedenken, „dass keiner mehr Ehrenamt machen will, wenn er Gewalt befürchten muss“.

„Doch wie können unsere Beschützer besser geschützt werden? Höhere Strafen schrecken ja offensichtlich nicht ab!“, sagt Klenner.

Mareike Eßer, Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Ortsverband Mönchengladbach e.V., die insbesondere zunehmende verbale Attacken beklagt, betont, wie wichtig es sei, im öffentlichen Dienst und auch im Ehrenamt mehr zu schulen. „Die Teams brauchen ein gutes Training“, sagt sie. „Damit sie merken, wenn sich eine Situation zuspitzt.“ Axel Küppers setzt ebenfalls auf eine gute Prävention. „Unsere Leute müssen dafür sensibilisiert werden, wann Übergriffe stattfinden können“, sagt er. Im Verwaltungsbereich sei es eine gute Maßnahme, die Zuströme durch Terminvergabe zu kanalisieren. Und im Außendienst hätten sich Bodycams bewährt. „Wenn man sagt: ‚Die Kamera läuft‘, werden die Leute vorsichtiger“, ist seine Erfahrung. Aber auch die Nachbereitung sei wichtig. So stelle die Psychosoziale Unterstützung für Feuerwehrleute und Verwaltungsangestellte eine sinnvolle Maßnahme dar. Dominic Gläser betont auch, dass in puncto Nachbereitung viel getan werde, es gebe zahlreiche Angebote, Soforthilfe, auch an den Wochenenden. Gerade kirchliche Seelsorger, die Schweigepflicht hätten, seien hier ein große Hilfe. Und doch gebe es immer wieder „Kollegen, die aus psychischen Gründen irgendwann nicht mehr im Außendienst arbeiten können – manche nach einem einzelnen schlimmen Erlebnis, manche nach einer Summe von vielen.“

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Was Axel Küppers noch ganz wichtig ist: „Nachbereitung heißt auch Strafanzeige stellen!“ Leider würden viele Betroffene aus Resignation und der Erfahrung heraus, dass Fälle eingestellt werden oder ewig lang dauern, auf eine Anzeige verzichten. „Dabei ist es wichtig, dass man sieht, der Staat tut was!“

Dominic Gläser plädiert in dem Zusammenhang dafür, dass der Anspruch auf schnelle Verfahren, wie es ihn im Jugendstrafrecht gebe, auch für Erwachsene gelten müsse. Auch zeigten Bewährungsstrafen in der Regel keine Wirkung.

Dirk Esser von der Feuerwehr Mönchengladbach, der sich wegen eines Einsatzes später zuschaltet, betont, wie wichtig ein abschließendes Gerichtsurteil auch für die Betroffenen sei, denn solange das nicht vorliege, könne oft auch die psychologische Aufarbeitung nicht beginnen.

Doch an dieser Schraube zu drehen ist nicht einfach, zum einen, weil „der Strafrahmen vom Gesetzgeber gemacht wird“, wie Klenner anmerkt, zum anderen, weil man in der Justiz einen massiven Personalmangel habe, wie Dirk Breymann weiß. Dabei, so der Anwalt, „ist es genau das, was abschreckt: Täter schnell dingfest machen, anklagen, verurteilen und die Strafe vollziehen“ und dafür brauche man eben Polizisten, Juristen, Richter...

Die Diskussion geht weiter. Am Montag, 23. Januar, findet um 18 Uhr eine Videokonferenz mit der Bundestagsabgeordneten Serap Güler statt, um die Debatte über die Tätergruppen mit Migrationshintergrund zu beleuchten.