1. Mönchengladbach

Baumkletterer holen Saatzapfen aus großen Höhen herunter

Baumkletterer im Merbecker Busch : Ernte in luftiger Höhe

Im Herbst ist bekanntlich Erntezeit. Was im Garten jedem geläufig ist, gilt in der Fläche auch für Wald und Forst: Im Forstrevier Merbecker Busch wurde jetzt die Ernte eingeholt, dabei ging es nicht um Äpfel, vielmehr ließ Bundesförster Martin Wingertszahn vom Bundesforstbetrieb Rhein-Weser Zapfen ernten.

Flink wie Eichhörnchen huschen Kay Busemann und sein Pflücker-Team die Stämme hinauf bis in die Kronen. Was wie eine neue Trendsportart anmutet, ist unverzichtbare Grundlage für den Waldbau: die Saatguternte durch professionelle Baumkletterer. Nur wenige Spezialisten in Deutschland beherrschen diese Disziplin. Um alle Zapfen aus einer Krone zu ernten, benötigt ein geübter Pflücker drei bis vier Stunden.

Rund 450 Kilogramm allerbeste Zapfen kamen jetzt so im Forstrevier Merbecker Busch zusammen, „Eine sehr gute Ausbeute“, lobt Forstsaatgutunternehmer Busemann. Bei der Ernte im Wald müssen gesetzliche Vorgaben erfüllt werden, unter anderem ist eine genetische Probe für jeden Baum zu hinterlegen. Für den Experten ist die Sache klar, „Die Vitalität spiegelt sich eindeutig wieder“, präsentiert Busemann begeistert einen Zapfen im Anschnitt.

Der Wald hat es schwer, Dürreperioden, Stürme und Schädlinge setzen ihm zu, dies betrifft neben Fichten zunehmend auch Laub- und Mischwälder. Keine Frage, der Wald muss zukunftsfähig werden. Hierfür halten Förster gezielt Ausschau nach trockenheitsresistenten Arten, die gleichzeitig für Schädlinge wenig attraktiv sind. Dabei setzt man vor allem auf Stieleiche, Traubeneiche, Hain- und Rotbuche, aber auch Gehölzarten wie Douglasie, Küstentanne, Edelkastanie oder Lärche sind derzeit Hoffnungsträger.

Die Setzlinge für Jungbäume sind entsprechend begehrt, die große Nachfrage trifft auf gleichzeitig geringe Samenverfügbarkeit. „2021 haben viele Baumarten wegen der vorangegangenen Trockenjahre keine, oder nur sehr wenige Samen ausgebildet“, berichtet Revierleiter Martin Wingertszahn.

Zudem darf Forstsaatgut nur aus anerkannten Beständen stammen, so schreibt es das Gesetz vor. Die Eigenschaften eines solchen Bestandes werden zuvor eingehend geprüft. Wohl dem also, der in Zeiten von Saatgutknappheit auf solche Bestände zurückgreifen kann. Und der Bundesforstbetrieb Rhein-Weser kann!

Bereits seit 2005 verfügt das Forstrevier Merbecker Busch über anerkannte Saatgutbestände von Traubeneiche, Esskastanie, Lärche und Douglasie. Darüber hinaus hält der Bundesforstbetrieb Rhein-Weser anerkannte Saatgutbestände für Vogelkirsche und Winterlinde vor, absehbar werden Bestände für Rotbuche einer Anerkennung zugeführt. Im Merbecker Busch plant Wingertszahn bereits für die Zukunft, für 2022 steht die forstsaatgutfähige Anerkennung von Großer Küstentanne und Schwarzkiefer auf seiner Agenda, um für Bedarfe beim Aufbau klimastabiler Wälder vorbereitet zu sein.„Wir ernten auf Bestellung“, berichtet Martin Wingertszahn und ein gewisser Stolz auf die Saatgutbestände in seinem Revier schwingt dabei mit. „Mit der Ernte sind wir allerdings erst am Anfang der Wertschöpfungskette “, erläutert der Bundesförster. „Am Ende steht das Holz – idealerweise in Form eines Möbelstückes in der eigenen Wohnung“, bringt er den Kreislauf der Rohstoffgewinnung augenzwinkernd auf den Punkt.Die vorgetrockneten Zapfen werden vom Landesbetrieb Wald und Holz verwogen und verplompt und anschließend in der Zapfendarre eines Klengebetriebes veredelt. In dieser sogenannten Samen-Klenge – der Name geht auf den Klang der aufspringenden Zapfen zurück – reifen die Zapfen kontrolliert nach, um höchste Qualität und Ausbeute zu gewährleisten.

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„Es werden weitere Engpässe auf uns zukommen!“, warnt der erfahrene Bundesförster mit Blick auf den steigenden Bedarf am umweltneutralen Rohstoff und ist überzeugt, dass man nicht umhin kommt, Holz im eigenen Land nachhaltig und nach hohen ökologischen Standards zu produzieren. Anderenfalls werde die steigende Nachfrage durch Importe aus dem Ausland gestillt, erläutert Wingertszahn, wie es in nennenswerten Anteilen leider bereits jetzt der Fall sei – einschließlich aller damit einhergehenden Nachteile.