: Besser leben mit Hörhilfe

Menschen ohne Gehör haben es schwer, sich mit anderen zu unterhalten. Die Corona-Krise verschärft die Situation, denn die Schutzmaske macht es unmöglich, von den Lippen abzulesen. Zum Glück gibt es moderne Hörhilfen.

Bärbel Kebschull stand mitten im Berufsleben, als sie einen Hörsturz erlitt. „Und plötzlich wurde die Welt leiser“, berichtet sie. „Ich musste mich extrem konzentrieren, um Gesprächen folgen zu können, und war dadurch abends sehr müde.“ Ein paar Jahre trug sie ein Hörgerät, dann die Empfehlung des Hals-Nasen-Ohrenarztes: „Da hilft nur noch ein Cochlea Implantat!“

Prof. Dr. med. Jochen Windfuhr, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde der Kliniken Maria Hilf, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Hörschädigung.

Welche Arten der Hörschädigung gibt es?

Eine Hörschädigung kann in Form einer Schallleitungsschwerhörigkeit vorliegen, verursacht durch eine Wasseransammlung hinter dem Trommelfell (Paukenerguss), ein Loch im Trommelfell oder eine Mittelohrentzündung. Wenn die Hörschädigung ihre Ursache im Innenohr oder den Hörnerven hat, spricht man von Schallempfindungsschwerhörigkeit. Hörstörungen können bereits bei der Geburt vorliegen, meist entwickeln sie sich aber im Laufe des Lebens. Hörstörungen können sehr unterschiedliche Ursachen haben und erfordern daher eine präzise Diagnostik. Ist die Ertaubung beidseitig, muss geklärt werden, ob die Ursache im Innenohr oder in der zentralen Hörbahn liegt. Wenn das Innenohr die Ursache der Ertaubung ist, kann ein Cochlea Implantat die Innenohrfunktion ersetzen.

Ab welchem Grad der Hörschädigung ist welche Therapie geboten?

In den meisten Fällen von Schallleitungsschwerhörigkeit können operative Maßnahmen helfen. Besteht beispielsweise ein Paukenerguss über drei Monate, kann ein kleiner Schnitt ins Trommelfell helfen, die angesammelte Flüssigkeit in der Paukenhöhle abzulassen. Ist die Mittelohrschleimhaut bereits chronisch in Mitleidenschaft gezogen, wird ein so genanntes Paukenröhrchen eingelegt, um den Trommelfellschnitt langfristig offen zu halten. Chronische Mittelohrentzündungen werden operativ versorgt, dabei wird das Trommelfellloch verschlossen, in manchen Fällen werden Mittelohrprothesen eingebracht.

Innenohrschwerhörigkeiten können bis zu einem gewissen Grad durch ein Hörgerät versorgt werden. Bei Erwachsenen gibt es für die Hörgeräteversorgung klare Regeln. Diese gelten aber nicht für Kinder, die in den ersten Lebensjahren nicht in der Lage sind, die Hörprüfungen der Erwachsenen auszuführen.

Was genau ist ein Cochlea-Implantat?

Normale Hörgeräte sind im Prinzip Mikrofon, Verstärker und Lautsprecher in einem Gerät. Ein Cochlea Implantat besteht aus zwei Teilen. Beim Außenteil findet sich zwar auch ein Mikrofon, aber der Verstärker ist ein Prozessor, der die Schallwellen in elektrische Impulse kodiert und dem Innenteil zuleitet. Das Außenteil kann man wie ein Hörgerät abnehmen, das Innenteil wird unter Vollnarkose unter der Haut platziert, mit einem Elektrodenträger, der in das Innenohr eingeführt wird. Dort liegen die Fasern des Hörnervs, die elektrisch stimuliert werden.“

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Wann führt man eine Cochlea-Implantat-OP durch?

Vor einer solchen Operation muss man sicher sein, dass der Hörnerv erhalten ist und keine Erkrankungen der zentralen Hörbahn vorliegen. Meist wird erst eine Seite, dann die andere Seite operiert.

Wenn es sich um eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit handelt, muss getestet werden, ob nicht leistungsstärkere (POWER) Hörgeräte helfen. Sonst ist eine Implantation gerechtfertigt. Bei einer einseitigen Ertaubung oder hochgradigen Schwerhörigkeit, beispielsweise als Folge eines Hörsturzes oder Unfalls, kann mittels spezieller Hörgeräte (CROS; BAHI) wieder ein räumliches Hören hergestellt werden. Wenn die Patienten sich hiermit nicht ausreichend versorgt fühlen, kann ein Cochlea Implantat das Problem lösen.

Wie läuft die OP ab?

Die Operation findet in Vollnarkose statt und beginnt mit einem Schnitt hinter dem Ohr. Dann wird der Zugang zum Innenohr eröffnet, dass gut geschützt im Knochen des Felsenbeins versteckt liegt. Für das Implantat wird eine Vertiefung in den Knochen hinter dem Ohr gefräst, das Implantat eingebracht und der Elektrodenträger vorsichtig in das Innenohr eingeführt. Nach der Hautnaht wird ein erster Systemcheck ausgeführt und die elektrischen Reizantworten für die spätere Einstellung des Prozessors genutzt.

Welche Risiken gibt es?

Neben den üblichen Operations- und Narkoserisiken ist die Schädigung des Gesichtsnervs hervorzuheben, weswegen eine simultane elektrische Überwachung stattfindet. Bei dem Einführen des Elektrodenträgers kann dieser eine unerwünschte Richtung umknicken, deswegen erfolgt intraoperativ der Systemcheck und postoperativ eine Kontrolle der Elektrodenlage mit einem Röntgenbild.

Was muss ich nach der OP beachten?

Geduld ist wichtig. Es braucht Zeit, das Hören wieder neu zu erlernen und zu trainieren. Anfangs finden meist monatliche Kontrolluntersuchungen statt, später dann jährliche, und dies lebenslang.