: Wenn das Herz stehen bleibt

Über 50000 Deutsche erleiden jährlich einen Herz-Kreislauf-Stillstand. 90 Prozent überleben ihn nicht. Umgekehrt bedeutet das: Er muss nicht den Tod bedeuten. „Ein Herzstillstand ist ein durchaus reversibles Ereignis“, sagt Prof. Jürgen vom Dahl, Chefarzt der Klinik für Kardiologie an den Kliniken Maria Hilf. Als Leiter des frisch zertifizierten „CAC“ tut er, zusammen mit Kollegen, sein Möglichstes, damit Stillstand-Patienten nicht nur überleben, sondern lebenswert weiterleben. Der Extra-Tipp hat ihn interviewt.

Herr Prof. v. Dahl, Sie sind jetzt Leiter des CAC. Wofür steht das, CAC?

CAC steht für Cardiac Arrest Center. Vereinfacht ausgedrückt erhalten diese Zertifizierung nur optimal zur Versorgung von wiederbelebten Herz-Kreislauf-Stillstand-Patienten aufgestellte Kliniken, die die vom German Resuscitation Council aufgestellten Kriterien erfüllen. Die Kliniken Maria Hilf tun dies, indem sie neben der Kardiologie mit Elektrophysiologie und Intensivmedizin alle weiteren Kompetenzen unter einem Dach bieten: das Zentrum für klinische Akut- und Notfallmedizin, die Klinik für Neurologie, die Anästhesiologie mit Operativer Intensivmedizin, die Unfallchirurgie und Radiologie. Außerdem alle entscheidenden Strukturen, Verfügbarkeiten, Prozesse und Qualitätsstandards…

Das klingt nach langer Vorarbeit…

Ja, diese Strukturen haben wir über Jahre aufgebaut. Die Kliniken Maria Hilf hat im Raum Mönchengladbach als einzige Klinik die CAC-Zertifizierung, die nächsten sind erst wieder in Düsseldorf oder Aachen.

Wer vergibt das Zertifikat?

Ein Zertifikat erhält man nach einer Begutachtung durch ein Zertifizierungskomitee, zu dem ein Fachkollege aus dem Gremium des German Resuscitation Council, das die Kriterien für die Zertifizierung aufgestellt hat, sowie ein Vertreter der auf Zertifizierungen spezialisierten Firma zählen. So ein Komitee hat sich einen Tag lang davon überzeugt, welche Strukturen hier in der Vergangenheit geschaffen worden sind, um eine individuelle, und doch möglichst standardisierte Vorgehensweise zu etablieren.

Wie kann man sich diese besondere Vorgehensweise vorstellen?

Wenn ein Patient einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet und durch den Rettungsdienst hierhergebracht wird, durchläuft er ganz kontrollierte Prozesse. Am Anfang kommt es darauf an, was der Rettungsdienst berichtet. Wenn eine Person mit Herz-Kreislauf-Stillstand ohne Anhaltspunkt auf der Straße gefunden wird, wird zuerst geprüft: Gibt es Verletzungen, die den Stillstand ausgelöst haben könnten? Es wird ein EKG geschrieben, bei dem man schaut: Gibt es einen Anhaltspunkt auf einen Herzinfarkt? Wenn ja, geht der Patient sofort ins Herzkatheter-Labor, wo wir das geschlossene Herzkranzgefäß öffnen. Wenn wir nichts finden, geht der Patient ins CT und man macht eine CT-Untersuchung, um andere Ursachen auszuschließen: Lungenembolie, innere Verletzungen, Blutungen, neurologische Ereignisse. Dabei wird ganz systematisch vorgegangen, damit nichts vergessen wird. Eine gute Informationsübermittlung von Anfang an ist ganz wichtig, damit nicht erst das falsche Team aktiviert wird.

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Wie viel Zeit darf vergehen zwischen dem Herz-Kreislauf-Stillstand und der Erstversorgung?

Man sagt, dass mit jeder Minute die Überlebenschance um zehn Prozent reduziert wird.Das heißt, wenn man zehn Minuten einen echten Herz-Kreislauf-Stillstand hat, ohne dass irgendeine Form von (Laien-)Reanimation stattfindet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man das überlebt, extrem gering.

Wie schnell ist ein Rettungswagen beim Patienten?

In Mönchengladbach in etwas über acht Minuten. Damit sind wir in Deutschland mit die schnellsten.

Das ist aber dennoch knapp, oder?

Der Rettungsdienst wird zum Glück oft gerufen, bevor der Herzstillstand eingetreten ist. Aber es stimmt, obwohl das schon sehr schnell ist, ist es knapp. Umso wichtiger ist, dass nach dem Alarmieren des Rettungsdienstes sofort mit einer Wiederbelebung begonnen wird.

Kann man da nichts falsch machen?

Nein, nichts tun ist das Schlimmste! Und drücken reicht, man muss keine Mund-zu-Mund-Beatmung machen. Im Idealfall drückt man 100-mal pro Minute...

Gibt es nicht einen Song, der den idealen Rhythmus vorgibt?

Ja, „Staying Alive“ von den Bee Gees. Dazu gibt es übrigens ein tolles Video von der British Heart Foundation – mit einem Mafia-Boss der einen „Freiwilligen“ zu „Staying Alive“ wiederbelebt. (*bei YouTube)

Apropos Rhythmus, in Ihrem Büro hängen Bilder von Udo Lindenberg – sind Sie Fan?

Ja, ich mag die Bilder sehr gern und die Musik auch. Und es ist erstaunlich, mit welcher Vitalität der über die Bühne springt mit, ich glaube 73, und einem Bypass…

Wäre sein Songtitel „Ein Herz kann man nicht reparieren“ nicht ein schönes Schlusswort?

Ja… (Lacht.) Wobei, wir bemühen uns ja, es eben doch zu reparieren!