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Kind hat seltene Stoffwechselkrankheit ​PH - Selbsthilfegruppe Viersen

Kleines Mädchen leidet unter seltener Stoffwechselkrankheit : Ein Vitamin rettet Mias Leben

Die kleine Mia Kliche ist ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen. Dass sie eine seltene Stoffwechselkrankheit namens „Primäre Hyperoxalurie“ (PH) hat, merkt man der Fast-Dreijährigen nicht an. Mia hat Glück im Unglück, denn ihre PH ist früh diagnostiziert und so eine Nieren-Leber-Transplantation verhindert worden. Ihre Eltern berichten von einer Zeit der Angst und darüber, warum sie jetzt die Selbsthilfegruppe PH unterstützen.

Sieben Monate können eine verdammt lange Zeit sein, wenn man ein krankes Kind hat, aber keine Diagnose, kein Medikament, das hilft, und keine Ahnung, ob das Kind jemals wieder gesund wird. Gerade mal drei Monate ist Mia, als es anfängt. Ihr Gewicht stagniert, sie erbricht sich, immer wieder, schwallartig. Dann, bei der U4, die Feststellung: Sie hat abgenommen. Bei der Kinderärztin und den Eltern Alice und Tobias Kliche schrillen die Alarmglocken. Was hat das Kind? Bange Wochen vergehen, in einem Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnen und Bangen vor jedem neuen Untersuchungstermin, voller Verzweiflung und Ohnmacht bei jeder neuen Hiobsbotschaft – Mia hat saures Blut, schlechte Nierenwerte, verkalkte Nieren. Es ist kaum vorstellbar, was Alice und Tobias Kliche 2019 durchmachen. „Ich habe ganz viel geweint in dieser Zeit“, erzählt Mias Mutter rückblickend, Tränen in den Augen. Dass es Mia heute gut geht, ist den Ärzten der Uniklinik Essen und einem Spezialisten aus Bonn zu verdanken. Zwei Wochen ist Mia im November 2019 mit ihrer Mutter in der Uniklinik und muss sich unzähligen Untersuchungen unterziehen. Ohne Ergebnis. Erst ein Gentest, der im Dezember gemacht wird, bringt Licht ins Dunkel und Ende Januar 2020 die Diagnose PH. Die Eltern sind einerseits erleichtert, dass das „Kind jetzt wenigstens einen Namen hat“, andererseits ist da die Sorge, „Was heißt das im schlechtesten Fall?“ Eine Niereninsuffizienz hat Mia bereits. Das Fortschreiten der Verkalkung ihrer Organe durch die genetisch bedingte Überproduktion von Oxalsäure kann durch eine tägliche Gabe von 100 ml Vitamin B6, viel trinken und den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel (Rote Beete, Spinat, Schokolade u.a.) vorerst verhindert werden. Aber funktioniert das auf Dauer? „Vielleicht muss Mia irgendwann Oxlumo, ein 2021 auf den Markt gekommenes Medikament, gespritzt bekommen“, befürchtet Alice Kliche. Und das ist nicht mal der „Worst Case“, die Nieren-Leber-Transplantation...

Mias Eltern sind froh, dass sie mit ihren Sorgen nicht allein sind. Ein Jahr nach der Diagnose sind sie auf den bundesweiten Verein PH-Selbsthilfe e.V. mit Sitz in Viersen gestoßen. Um dem Verein etwas zurückgegeben, arbeitet Alice Kliche ehrenamtlich als Schriftführerin, und ihr Mann Tobias hat beim Halbmarathon 2 000 Euro Spenden erlaufen.

Tatsächlich ist der Verein der einzige in Deutschland, mit aktuell 75 Mitgliedern. „Gegründet wurde er 2005 von betroffenen Eltern“, erklärt die erste Vorsitzende, Michaela Sandkaulen, „weil PH so selten ist (120 Fälle gibt es in Deutschland), dass die Krankheit wissenschaftlich bis dato fast nicht berücksichtigt wurde.“ Michaela Sandkaulen weiß, wovon sie spricht, denn sie hat mit ihrer Tochter 2003, als diese vier Jahre alt war, ähnliches erlebt. Dank der engmaschigen Begleitung durch einen Nephrologen blieb auch ihr glücklicherweise bis heute die doppelte Transplantation erspart.

Dank des Vereins ist deutschlandweit ein Netz für PH-Patienten entstanden. Auch ein ärztlicher Beirat gehört dem Verein an, so dass Behandlungsmöglichkeiten ständig aktualisiert werden können. Dank vielfältiger Spendenaktionen konnte der Verein bereits zwei Forschungsstipendien an junge Ärzte vergeben.