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Landtagsabgeordneter Körfges, Bundestagabgeordnete Yüksel und die LEG

Hans-Willi Körfges und Gülistan Yüksel treffen Mieter*innen : „Die Situation ist eine Katastrophe“

Die „Sanierungsarbeiten“ in der LEG-Siedlung Am Antoniushügel in Wickrath sind in vollem Gange. Die Mieter*innen leiden unter Staub, Dreck und Wasser, das in die Wohnungen dringt. Die Mieten sollen erheblich teurer werden, die Wohnsituation ist katastrophal. Der Gladbacher Landtagsabgeordnete Hans-Willi Körfges, der erst letzte Woche im Landtag für einen Neustart in der Wohnungspolitik plädiert hat, und Bundestagabgeordnete Gülistan Yüksel, beide SPD, haben sich vor Ort ein Bild gemacht und rund 40 Mieter*innen getroffen. Hans-Willi Körfges im Interview...

Herr Körfges, Sie waren vor Jahren schon einmal in der Siedlung, was sagen Sie zur aktuellen Situation der Mieter*innen?

Für viele ist die Situation eine Katastrophe. Jahrelang wurde die Wohnanlage vernachlässigt und nur das Nötigste gemacht. Nun wird im großen Stil modernisiert. Die Mieter*innen werden dafür zur Kasse gebeten. Viele können die Mieterhöhungen kaum stemmen und bangen um ihre Wohnung. Gleichzeitig beeinträchtigen die Arbeiten massiv die Wohnqualität.

Was hat Sie besonders berührt/geschockt?

Einer Mieterin, die seit fast 40 Jahren in der Siedlung wohnt, kamen im Gespräch die Tränen. Die Frau hat Angst um ihre Einrichtung und weiß sich nicht zu helfen. Die Mieter*innen haben seit April kein Tageslicht und können ihre Balkone nicht nutzen. Statt allen eine Mietminderung anzubieten, flattern die Ankündigungen für Mieterhöhungen ins Haus. Nur wer in der Lage ist, sich zu wehren, bekommt einen Ausgleich für die Beeinträchtigungen. Beeindruckt hat mich, dass die Mieter*innen untereinander sehr solidarisch sind und sich gegenseitig helfen.

Die Menschen sind verzweifelt – wieso kommt die LEG mit ihrer Vorgangsweise immer wieder durch?

Die LEG ist 2009 privatisiert worden. Seitdem stehen Gewinne im Vordergrund. Das Unternehmen betreibt Wachstum auf Kosten der Mieter*innen und der Wohnungssubstanz. Die jährlichen Aufwendungen für Instandhaltungen sind seit 2011 systematisch auf circa 7 Euro pro Quadratmeter heruntergefahren worden. Das ist ein Wert, der sich weit unterhalb der Instandhaltungspauschalen im sozialen Wohnungsbau bewegt. In Mönchengladbach sind bezahlbare Wohnungen knapp. Die Mieterschutzverordnung gilt in Mönchengladbach nicht und in einigen Bereichen ist der gesetzliche Rahmen unzureichend.

Was raten Sie den Mieter*innen?

Ich rate ihnen, sich zu organisieren, sich Beratung zu holen und sich zur Wehr zu setzen. Aktuell muss zum Beispiel eine Mietminderung geprüft werden. Leider muss jeder Einzelfall geprüft werden. Die Verbraucherzentrale in Mönchengladbach bietet in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund eine Mietrechtsberatung bei Ärger oder Unstimmigkeiten mit dem Vermieter, etwa bei Mieterhöhungen, Heizkostenabrechnungen oder Modernisierungen, an. Sinnvoll kann auch eine Rechtsschutzversicherung sein oder die Beantragung eines Beratungshilfescheins beim Amtsgericht.

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Haushalte, deren Miete mehr als 30 Prozent des Einkommens verschlingt, gelten als überlastet. In MG sind das fast 57 Prozent der Mieter – was läuft hier schief?

Miete wird oft zum sozialen Problem. Das hat verschiedene Ursachen. Der Bestand an mietpreisgebundenen Wohnungen geht auch in Mönchengladbach stark zurück. Die Mieten sind in den letzten Jahren stärker gestiegen als die durchschnittlichen Einkommen. Es fehlen öffentlich geförderte Wohnungen und ein wirksamer Mieterschutz. Instrumente gegen ungerechtfertigten Mietpreisanstieg und Wohnungsverlust sind Bundesrecht (BGB). Allerdings liegt die Zuständigkeit für die Mietpreisbremse, die Kappungsgrenzen, das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum bei den Bundesländern. Die Landesregierung wendet diese Instrumente nur auf 18 von 396 Kommunen an.

Sie haben letzte Woche im Landtag für einen Neustart in der Wohnungspolitik plädiert?

Richtig. Die Entwicklungen der letzten Jahre erfordern erhebliche Maßnahmen. NRW braucht 100 000 neue Wohnungen pro Jahr, um den Bedarf zu decken. Sonst verschärfen sich Wohnungsnot und soziale Ungleichheit. Der öffentliche Wohnungsbau mit Mietpreisbindung muss drastisch ausgeweitet werden. Bodenspekulation muss unterbunden und ein wirksamer Mieterschutz für das ganze Land geschaffen werden. Wir brauchen eine Rückkehr zu einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik, um für günstige Mieten und bezahlbaren Baugrund zu sorgen.