: Mein Herz, dein Herz...

Der Bundestag hat die Organspenderegeln moderat reformiert. Die Widerspruchslösung ist vom Tisch. Organspenden in Deutschland bleiben nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt, zudem soll ein Online-Register zur Registrierung eingeführt werden und die Bürger öfter über Organspende informiert werden.

Personen ab 16 Jahren sollen beim Bürgerservice ihrer Stadtverwaltung Informationsmaterial bekommen, hier soll man sich auch mit Ja oder Nein in das Register eintragen können – oder aber auch später etwa online von zu Hause aus. Beraten sollen Ämter allerdings nicht. Der Hausarzt soll Patienten auf Wunsch ebenfalls alle zwei Jahre über Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern. Wer den Führerschein macht, erhält Grundwissen künftig beim Erste-Hilfe-Kurs. So jedenfalls die Theorie. Denn es gibt auch viel Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Nicht zuletzt von Betroffenen selbst.

Einer von ihnen ist Marcus Koch, der an einem angeborenen Herzfehler litt. Für ihn ist die Sache klar: „Die Widerspruchslösung wäre für mich besser gewesen.“ Heißt: Es wäre jeder automatisch Organspender geworden, der nicht ausdrücklich widersprochen hat. Der 48-Jährige lebt heute mit einem Spenderherz. Drei Jahre lang musste er warten, um überhaupt auf die Warteliste der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zu kommen; diese koordiniert die Organspende in Deutschland. Sie verzeichnete 2018 bundesweit 318 Herztransplantationen und 493 Neuanmeldungen für die Warteliste.

Marcus Koch hat eine lange Leidenszeit hinter sich. „Ich war damals extrem schwach, musste ständig Pause machen“, berichtet er. Jede Bewegung wurde zur Qual. Schließlich ging es ihm so schlecht, dass er nur noch im Krankenhaus (über)leben konnte, unfassbare anderthalb Jahre lang. Damals war für Marcus Koch ein Spenderherz nicht in Sicht, deshalb entschlossen sich die Ärzte, ihm zunächst ein Kunstherz einzusetzen. Erst 2014 dann der rettende Anruf, ein Spenderherz war gefunden. Heute geht es Marcus Koch gut, er kann wieder ein ganz normales Leben führen. Er glaubt aber nicht, dass die Pläne der Bundesregierung weitreichend genug sind, um die Zahl der Organspender zu steigern. Wenn man gesund sei, denke man über ein Thema wie Organspende nicht nach, dabei könne jeder einmal Hilfe benötigen.Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz (DSP) ist überzeugt davon, dass die neue Entscheidungsregelung nur der Anfang sein könne, das Organspendesystem in Deutschland zu verbessern. „Die Informationspolitik muss sich grundsätzlich ändern, schließlich haben Werbung und Marketing in den letzten Jahren nichts gebracht“, fordert Eugen Brysch, Vorstand der DSP. Hier fange die staatliche Verantwortung an, die bis zur Organisation und Kontrolle des Organspendesystems gehen müsse.Für den Mönchengladbacher Bundestagsabgeordneten Dr. Günter Krings (CDU) liegt der „wichtigste Schlüssel zu mehr Organspenden nicht im Verfahren der Zustimmung, sondern in organisatorischen Verbesserungen, in den Krankenhäusern“. Sollte die vom Bundestag beschlossenen Maßnahmen, unter anderem die Schaffung eines zentralen Registers, keine Erhöhung der Organspenden bewirken, müsse der Bundestag erneut über die Frage des Zustimungsverfahrens beraten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel plädiert für eine Fortsetzung der gesellschaftlichen Debatte. „Wir alle müssen darüber nachdenken und für uns selbst entscheiden, ob wir unsere Organe und damit Leben spenden wollen.“Allein die Debatte über das Thema Organspende wertet der CDU-Landtagsabgeordenete Jochen Klenner als Erfolg: „Viele Menschen haben sich mit dieser sehr persönlichen Entscheidung beschäftigt. Dies ist wichtig, weil es in dieser Frage kein ’richtig’ oder ’falsch’ geben darf. Es ist eine persönliche Abwägung.“ Er spricht sich für eine Stärkung der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken aus, um die Abläufe zu optimieren und potenzielle Spender zu erkennen.