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Zwei Geologen entdecken Reste eines römischen Tempels in Gladbach

Sensationelle Entdeckung auf dem Abteiberg : Römischer Tempel entdeckt

Seit gut vier Monaten ist der Abteiberg Forschungsgebiet von Dr. Georg Waldmann und Dr. Günter Drozdzewski. Die beiden Geologen sind sich sicher, hier eine sensationelle Entdeckung gemacht zu haben: Dort, wo sich heute das Rathaus Abtei befindet, könnte einst eine römische Tempelanlage gestanden haben. Damit wäre die Stadt Mönchengladbach doppelt so alt wie ursprünglich angenommen, nämlich über 2 000 Jahre.

Festgesteine sind das Steckenpferd von Dr. Georg Waldmann und Dr. Günter Drozdzewski. Seit fast zwei Jahren beschäftigen sie sich bereits mit dem Liedberg bei Korschenbroich und den dort von den Römern errichteten Steinbruchbetrieben. Hier wurde unter anderem „Liedberg-Sandstein“ abgebaut, der überwiegend in römischen Bauten und Denkmälern zum Einsatz kam. Seine typischen Charakteristika sind Hohlräume, die auf fossile Mangrovenwurzeln und Wattwürmer zurückgehen, „sie sind als Vertiefung auf der Oberfläche von verwittertem Liedberg-Sandstein ganz leicht zu erkennen“, berichtet Dr. Georg Waldmann.

Und eben jenen Liedberg-Sandstein haben die beiden Geologen im Fundament des Rathauses, der ehemaligen Benediktinerabtei, ausgemacht. „Allerdings gab es zur Zeit der Klostergründung um 974 n. Chr. am Liedberg überhaupt keinen Sandstein mehr, die römischen Steinbrüche waren seit über 500 Jahren erschöpft“, betont Dr. Günter Drozdzewski. Somit muss der Sandstein in der Münsterkirche eine Zweitverwendung gefunden haben, schlussfolgern die Gesteinsexperten. Die Grundmauern der Benediktinerabtei sind original römisch. Die Säulen des ehemaligen römischen Tempels wurden von den Christen für den Bau der Seitenschiffe und der Krypta wiederverwendet. „Auch für diesen Zeitraum lässt sich kein Gesteinsabbau am Liedberg nachweisen. Es liegt daher nahe, dass ein Großteil der Baumaterialien für das Münster aus der römischen Tempelanlage stammt, die in unmittelbarer Nähe lag.“

Mindestens 300 Gesteinsquader haben Waldmann und Drozdzewski im Fundament des Rathauses gezählt. Daraus ergibt sich ein rechteckiges Podium von etwa 30 mal 59,5 Meter – gigantische Ausmaße für eine Tempelanlage, mit deren Bau zwischen 50 und 40 v. Chr. begonnen worden sein könnte. „Nachdem die Römer nach dem gallischen Krieg dieses Land erobert hatten, wollten sie Flagge zeigen, um ihre Vormacht am Niederrhein zu festigen und ihre kulturelle Überlegenheit zu demonstrieren. Es bot sich also förmlich an, einen Tempel auf dem weithin sichtbaren Abteiberg zu errichten“, so Waldmann.

Und da wären ja noch die spaltenartigen Risse innerhalb der Sandsteinquader im Fundament des Rathauses. Sie gehen nicht bis in das darüber gelegene, barockzeitliche Backsteinmauerwerk, was auf ein höheres Alter des Fundamentes schließen lässt. Ursache für die Risse könnten Erdbeben sein, da der Abteiberg im Verlauf einer aktiven tektonischen Störung liegt.

Die Tempelanlage könnte durch ein Erdbeben zerstört worden sein oder nach dem Abzug der Römer verfallen sein. Übrig blieben allerdings reichlich Baumaterialien, und damit ein guter Grund für die späteren Benediktinermönche, Abtei und Kirche an Ort und Stelle auf dem Abteiberg zu errichten. „Dass dieses römische Gesteinsgeschenk in Vergessenheit geriet, ist leicht nachvollziehbar. Das Christentum war im Begriff, sich eine Machtposition aufzubauen, da wollte man sicherlich nicht öffentlich bekennen, von einer heidnischen Religion profitiert zu haben“, glaubt Drozdzewski. Die beiden Geologen jedenfalls wollen die römische Vergangenheit auf dem Abteiberg wieder ins Bewusstsein rufen.