1. Mönchengladbach

Polizei in Mönchengladbach stellt Kriminalstatistik 2022 vor

Die Polizeistatistik für 2022: 24 951 Straftaten : Geht’s in Mönchengladbach immer krimineller zu?

„Jugendliche verletzen 15-Jährige am Rahracker“, „55-Jähriger in Tiefgarage an der Urftstraße angegriffen“ – wenn man die Meldungen der Gladbacher Polizei liest, hat man das Gefühl, die Kriminalitätsrate ist hoch wie nie. Polizeipräsident Mathis Wiesselmann und Kriminaldirektor Guido Henn haben am Mittwoch die Zahlen für 2022 vorgestellt. Die liegen in vielen Bereichen über denen von 2021, aber damit aus Polizeisicht „lediglich“ wieder auf „Vor-Corona-Niveau“, zum Teil unter dem Landesdurchschnitt und mit höherer Aufklärungsquote.

Wenn Polizeipräsident Mathis Wiesselmann zur Begrüßung am Aschermittwoch augenzwinkernd betont, dass bei der Polizei niemand einen Kater habe, alle am Veilchendienstag wie auch das ganze letzte Jahr über fleißig gearbeitet hätten, ist das ein lockerer Einstieg, wirft aber auch Fragen auf: Warum muss das überhaupt betont werden, sollte man das von der Polizei nicht generell erwarten können?

Auch ob der neue Kripo-Chef Guido Henn (seit Anfang des Jahres im Amt), der an diesem Tag die Kriminalitätsstatistik 2022 für Mönchengladbach vorträgt, vielleicht ganz froh ist, dass er diese noch nicht zu verantworten hat, fragt man sich in Anbetracht der präsentierten Zahlen.

24 951 Straftaten – rund 68 pro Tag – waren es 2022 insgesamt in Mönchengladbach. Das sind nicht nur 11,28 Prozent mehr als 2021, es ist die höchste Fallzahl der letzten zehn Jahre. Und das bei einer auf 53,88 Prozent gesunkenen Aufklärungsquote (2021: 61,47 Prozent).

Dass die Gesamtzahl der Straftaten in Gladbach weniger stark als NRW-weit (13,9 Prozent) gestiegen ist, dürfte den Bürger kaum beruhigen. Fakt ist: Mönchengladbach gehört nicht mehr zu den sichersten Großstädten – zumal ausgerechnet schwere und angstauslösende Delikte zugenommen haben, zum Teil mehr als im NRW-Schnitt: So gab es mit 279 Fällen sage und schreibe 41,6 Prozent mehr Raubdelikte als im Vorjahr (197), während NRW-weit die Zahl „nur“ um 36,7 Prozent gestiegen ist. Immerhin bemerkenswert sei hier die Aufklärungsquote von fast 60 Prozent, so Wiesselmann. „Hier kann kaum präventiv gearbeitet werden, weil es überall passieren kann. Das geht nur über Präsenz, zum Beispiel in der Altstadt.“

Ebenfalls nach oben geschnellt ist die Zahl der Fälle von Gewaltkriminalität (1 092), insbesondere Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung: Hier ist ein Anstieg von 40,54 Prozent gegenüber 2021 zu verzeichnen.

Auch gab es mehr Fälle von Mord und Totschlag als im Vorjahr: 15 Fälle, davon neun versuchte (2021: vier Fälle, davon zwei versuchte).

Im Bereich Straßenkriminalität (dazu zählen Delikte, die im öffentlichen Raum begangen werden: Raub, Diebstahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung) gab es mit 5 012 Fällen einen Anstieg von 18,97 Prozent gegenüber 2022 (4 113). Die eher schwache Aufklärungsquote von 18,07 Prozent erklärt Henn mit dem hohen Anteil an schwer aufzuklärenden Delikten wie Fahrrad- und Taschendiebstahl sowie Sachbeschädigung an Autos.

Eine nur auf den ersten Blick positiv erscheinende Entwicklung gibt es bei den Sexualdelikten. Die sind insgesamt leicht gesunken von 452 (2021) auf 423 Fälle (2022). Jedoch zählen hierzu verschiedene Delikte von der Verbreitung pornografischer Schriften bis hin zu Kindesmissbrauch und Vergewaltigung. Letztere sind leider gestiegen: 65 Fälle von Kindesmissbrauch (gegenüber 51 in 2021) und 51 Vergewaltigungsdelikte (gegenüber 42 in 2021) gab es. Auch haben die Fälle von häuslicher Gewalt zugenommen (774 Fälle in 2022 gegenüber 638 in 2021 und 517 in 2020). Eine mögliche Erklärung hierfür sei die zunehmende Enttabuisierung und Anzeigebereitschaft der Opfer, so Henn.

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Eine weitere auffällige Entwicklung ist der zunehmende Anteil Jugendlicher an den Straftaten: 2022 waren es 325 Kinder unter 14 Jahren (2021: 229), 829 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren (2021: 660) sowie 747 junge Erwachsene zwischen 18 und 21 (2021: 735). Henn und Wiesselmann verweisen hier auf die bereits etablierte und erfolgreiche Arbeit der Ermittlungsgruppe Jugend in Zusammenarbeit mit Stadt und Staatsanwaltschaft, durch die deutlich mehr Raubdelikte insbesondere in der Rheydter und Gladbacher Innenstadt aufgeklärt, Täter überführt und bereits sechs Rädelsführer verurteilt werden konnten.

Es gibt noch weitere Zahlen, daruner die leicht gestiegene Fallzahl im Bereich Rauschgiftkriminalität (+ 2,2 Prozent auf 1 242 Fälle), die erneut um 25,28 Prozent hochgeschnellte Zahl der Internetstraftaten (1 556) und der neue Höchststand an Fällen von Widerstand/Angriffen gegen Vollstreckungsbeamte (+ 23,3 Prozent auf 217 Fälle). Sogar die Zahl der Wohnungseinbrüche ist nach vier Jahren das erste Mal wieder gestiegen (von 446 in 2021 auf 491 in 2022).

Die gute Nachricht: 2022 ist fast jeder zweite Einbruchsversuch gescheitert. Henn: „Das zeigt, dass technische und bauliche Sicherungen funktionieren und unsere Beratungsarbeit sich auszahlt.“ Seine Bitte: Auch versuchte Einbrüche bei der Polizei anzeigen – denn da ist die Spurensuche in der Regel erfolgreicher als bei „geglückten“ Einbrüchen.