1. Mönchengladbach

Videokonferenz „Beschützer besser schützen“​

Videokonferenz „Beschützer besser schützen“ : „Wir brauchen eine Rechtsstaatsdebatte“

Der Mönchengladbacher Landtagsabgeordnete Jochen Klenner, CDU, hatte am Montag zum zweiten Teil der online-Konferenz „Beschützer besser schützen“ eingeladen. Dieses Mal ging es um die Frage, welche Rolle Täter mit Migrationshintergrund bei den zunehmenden Übergriffen auf Polizei und Rettungskräfte spielen und ob eine Integrationsdebatte an dieser Stelle angebracht ist.

Gewaltsame Übergriffe auf Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht in Berlin-Neukölln – ein Beispiel von vielen, in dem Einsatzkräfte attakiert werden, aber eins, das bundesweit besonders große Aufmerksamkeit erregt hat. Seitdem läuft eine Debatte, was zu tun ist – und auch darum, ob Menschen mit Migrationshintergrund überproportional beteiligt sind, weil sie schlecht oder gar nicht in die Gesellschaft integriert sind. Im zweiten Teil der Online-Konferenz „Beschützer besser schützen“, initiiert vom Gladbacher CDU-Landtagsabgeordneten Jochen Klenner, ging es genau darum. Dabei waren unter anderem CDU-Bundesvorstandsmitglied Serap Güler, die vor ihrem Einzug in den Bundestag Staatssekretärin im NRW-Integrationsministerium gewesen ist, und der Mönchengladbacher Bundestagsabgeordnete Dr. Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU. Mitdiskutieren konnten wieder alle interessierten Bürger*innen.

Eins war in der Diskussion ziemlich schnell klar: Die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Polizei, Ordnungs- und Rettungskräften ist kein Problem das besonders von Menschen mit Migrationshintergrund ausgeht. Es habe viele Vorfälle in den letzten Jahren – in der Querdenkerszene, unter Hooligans und kürzlich erst in Lützerath... gegeben, so Serap Güler, selbst Bürgerin mit Migrationshintergrund. „In diesen Fällen wurde die ethnische Herkunft aber nicht thematisiert“. Auch sei die Reduzierung auf mangelnde Sprachkenntnisse, mangelnde Bildung und Arbeitslosigkeit als Ursachen zu kurz gegriffen. Vielmehr gäbe es eine sich vergrößernde Gruppe von Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft, die „unsere Werte nicht teilen“ und vor allem ein Problem mit dem Rechtsstaat hätten. Und in der gäbe es Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. „Deshalb fände ich eine Rechtsstaatsdebatte angebrachter, als eine Integrationsdebatte“, so Güler. Zudem würde sie zunehmend erleben, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte die Debatte als rufschädigend und beleidigend empfinden würden.

Dr. Günter Krings sieht die Situation ähnlich. „Überproportional viele Migranten sind die Leidtragenden in dieser Diskussion“, so Krings, von dieser Comunity würde er im Übrigen die härtesten „Law & Order“-Aussagen hören. Die Situation müsse mit all ihren Problematiken offen angesprochen werden, sonst nähmen sich extremistische Kreise des Themas an, sind sich Güler und Krings einig.

Je nach Situation sei Ansprache oder auch Härte gegenüber den Tätern sinnvoll. Auf jeden Fall müsse nach dem „Warnschuss“ auch eine Konsequenz folgen, sind sich alle einig. Der Rechtsstaat biete Möglichkeiten, die oft nicht ausgeschöpft würden, zum Beispiel Täter umgehend in Haft zu nehmen. Aber es müsse auch aufgestockt werden im Rechtsstaat. Es fehlten nicht nur Polizisten, sondern auch Richter und Staatsanwälte. „Der Rechtsstaat muss angepasst werden“, so Jurist Krings. Etwa damit, dass das Jugendstrafrecht an der Kante zur Volljährigkeit, also mit 18 Jahren, ende.

Dass es trotzdem auch, etwa in Mönchengladbach am Marienplatz, viele Jugenddelikte durch Straftäter mit Migrationshintergrund gebe, sei nicht zu leugnen, so Jochen Klenner. Und Bernhard Stein, seit 2014 integrationspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, kann mit einem Beispiel aufwarten, bei dem pure Ansprache schon half: Türkische Jugendliche störten ein Krippenspiel in der Kirche St. Marien mit Pöbeleien. Die beherzte Kontaktsuche von Pfarrer Manfred Rietdorf zu den Eltern, Solidaritätsbekundungen der muslimischen Gemeinde und der darauf folgende interreligiöse Dialog hätten die Situation geklärt. Ein Beispiel, in dem drastische Strafen nicht nötig wurden.

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Auch in anderen Fällen sei oft Ansprache erfolgreich, so Güler. Polizeibeamte mit Migrationshintergrunde wirkten je nach Situation deeskalierend, würden manchmal aber auch als „Verräter“ verunglimpft und gerieten besonders ins Visier von Straftätern. Es sei wichtig, bei der Thematisierung mit Migrantenselbstorganisationen zusammen zu arbeiten, so Güler.

In dem Zusammenhang kam auch einmal mehr der Vorwurf des Rassismus in der Polizei zur Sprache. „Dass bei 47 000 Polizisten in NRW auch schwarze Schafe dabei sind, erklärt sich von selbst“, so die frühere Staatssekretärin im NRW-Integrationsministerium. Dass das aber ein strukturelles Problem sei, dafür gebe es keine Hinweise. Diskussionsteilnehmer Bülent Bagir, Servicekraft in einer Diskothek in der Altstadt, kann das nur bestätigen. Er kann sich an rassistisch motivierte Einsätze der Polizei nicht erinnern.