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Wiederholt Überfälle mit jugendlichen Tätern in Mönchengladbach

Wiederholt Überfälle mit jugendlichen Tätern : Steigt das Aggressionspotential?

In den letzten Wochen hat es wiederholt Polizeimeldungen gegeben, in denen von Kids und jungen Erwachsenen berichtet wird, die andere bedrohen, verletzen, ausrauben. Ist das Zufall, ein falscher Eindruck oder ein neuer „Aggro-Trend“ in Mönchengladbach? Der Extra-Tipp hat bei der Polizei und dem Jugendamt nachgefragt.

Sonntagabend vor Nikolaus an der Giesenkirchener Straße: Zwei junge Männer schlagen einen 18-Jährigen und stehlen seinen E-Scooter. Zwei Tage zuvor, am 3. Dezember, gegen 17.30 Uhr, rauben drei Jugendliche einen 13-jährigen Jungen an der Marienkirche aus. Am 2. Dezember werden an der Stresemannstraße gleich zweimal Jugendliche von Gleichaltrigen angegriffen und leicht verletzt. Am 1. Dezember wird ein 15-Jähriger in Neuwerk wegen eines räuberischen Diebstahls verhaftet. Am 29. November nimmt die Polizei nach einem schweren Raub an der Aachener Straße drei Jugendliche im Alter zwischen 14 und 16 Jahren fest. Und so geht es weiter, blickt man die letzten Wochen zurück: Jugendliche, ja, Kinder, die in Gladbach auf Raubzug gehen, randalieren, Menschen bedrohen, verletzen. Ist das alles Zufall beziehungsweise ein falscher Eindruck, dass sich Vorfälle dieser Art in letzter Zeit zu häufen scheinen? Oder ist die Gladbacher Jugend gewaltbereiter geworden?

Die Polizei gibt, zumindest für den aktuellen Stand, leichte Entwarnung: „Die Zahlen für Gewaltdelikte im Jahr 2021 liegen bislang unter den Vorjahreszahlen“, so Julian Leonhardt vom Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Mönchengladbach. 2020 seien im Vergleich zwischen 2019, 2020 und 2021 die höchsten Fallzahlen zu verzeichnen. Eine Auf- und Gegenüberstellung der Zahlen, aufgeschlüsselt nach den Delikten Raub §249 StGB, Schwerer Raub §250 StGB, Vorsätzliche Körperverletzung §223 StGB und Gefährliche Körperverletzung §224 ff. StGB, jeweils für die Monate Januar bis Oktober der drei letzten Jahre zeigt tatsächlich: 2021 lässt sich trotz Corona-Dauerbelastung kein eindeutig gestiegenes Aggressionspotential ausmachen, jedenfalls nicht im betrachteten Zeitraum bis Oktober. So sind vorsätzliche und gefährliche Körperverletzungen nach einem Anstieg 2020 eher zurückgegangen: im Bereich der 14-18-jährigen Täter*innen beispielsweise von 110 (2019) auf 122 (2020) auf 74 Fälle (2021) und bei den 18-21-Jährigen von 142 auf 162 auf 139 Fälle. Beim Raub verhält es sich ein bisschen anders. Hier sind die Zahlen nach einem Rückgang 2020 in diesem Jahr leicht gestiegen. Von 14-18-jährigen Täter*innen ausgehende Fälle von Raub nach §249 StGB sind von 17 (2019) auf 9 (2020) gefallen und im Vergleichszeitraum 2021 auf 22 gestiegen.

Für Henning Wimmers, Abteilungsleiter Jugendpflege und Prävention im Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt Mönchengladbach, sind diese Schwankungen nicht überraschend. „Das verläuft immer in Wellen, dass Jugendliche sich zusammentun“, ist seine Erfahrung. „Der Marienplatz war immer schon Thema. Zuletzt hat es im Bereich Sonnenhausplatz eine Gruppe gegeben, von der sitzen aber jetzt zwei in U-Haft, das hat schon Wirkung gezeigt.“ Ein Verschärfung kann Wimmers nicht feststellen, wohl aber ein in Coronazeiten stärker gewordenes Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung bei Jugendlichen und Kindern, insbesondere solchen aus sozial benachteiligten Familien, „jungen Menschen ohne Berufsaussichten, Perspektiven, Zukunft.“ Digitale Angebote, wie sie seit Coronazeiten vielfach herhalten müssen, seien da nicht immer ausreichend. „Jugendarbeit ist immer Beziehnungsarbeit“, sagt Wimmers. Man sei aber gut aufgestellt, so gebe es zum Beispiel ein spezielles Programm, unter anderem mit Boxtrainings, das gut angenommen werde und Wirkung zeige.