Niers-Quellwasser gegen Augenleid

Niers-Quellwasser gegen Augenleid

Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts war das Bruchgebiet um Kuckum, Unterwestrich und Keyenberg mit natürlichen Niers-Quelltöpfen reich beschenkt. Die Hauptquelle sei in einem Hühnerstall auf dem Zourshof gewesen, erzählen die Einheimischen.

Durch den Braunkohletagebau sind die Quellen versiegt, die Niers plätschert indes scheinbar munter weiter.

„Die erste der vielen Niersquellen sprudelte hier“, sagt der Besitzer des Zourshofes Heinrich-Josef Schrammen, „der alte Nullstein draußen am Kuckumer Quellenweg erinnert noch daran.“ Der im 14. Jahrhundert erstmals erwähnte Zourshof sei nach einem Brand 1928 vollständig neu aufgebaut worden, so Schrammen, seit 1854 sei er im Familienbesitz. Das aus drei Inseln bestehende Terrain ist vollständig mit einem Graben umgeben, der sich ursprünglich durch das Quellwasser speiste. An die Geschichte von der Quelle im Hühnerstall glaube er zwar nicht, sagt Heinrich-Josef Schrammen, räumt aber schmunzelnd ein: „Überall sprudelte ja Wasser aus der Erde; es ist nicht auszuschließen, dass in der Nähe einer Quelle ein Hühnerstall stand.“

Eine der ergiebigsten Quellen sei der Keyenberger „Glockensprung“ gewesen, erinnert er sich, und erzählt von der guten Qualität des einstigen Niers-Quellwassers: „Wegen seines erhöhten Borgehalts soll es als Heilwasser zur Linderung von Augenleiden genutzt worden sein.“ Auf einer Info-Tafel, die der „Naturpark Schwalm-Nette“ beim Zourshof angebracht hat, ist zu lesen, dass im ehemaligen Quellgebiet pro Jahr etwa 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser an die Oberfläche getreten seien. Wegen der Absenkung des Grundwassers für den Tagebau fielen die Quellen in den 70er Jahren nach und nach trocken; Einleitungen aus der Kläranlage Erkelenz-Kückhoven versorgten die Niers über das Kaulhausener Fließ indes weiterhin mit Wasser.

Als der Niersverband Anfang 2014 die Kläranlage aufgegeben hatte, trocknete das Kuckumer Niersbett aus. Vehemente Proteste aus der Bevölkerung bewirkten, dass bis zur ursprünglichen Quelle am Zourshof ein Rohr verlegt wurde, durch das abgepumptes Tagebauwasser in das Flussbett eingeleitet wird. Die Niers darf nun in Kuckum weiter sprudeln, solange bis der Ort „bergbaurechtlich in Anspruch genommen wird“, wie RWE Power in einer Pressemitteilung schreibt.

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Nach Auskunft von Umweltingenieurin Margit Heinz vom Niersverband gibt es derzeit 24 solcher „künstlichen Quellen“, aus denen Sümpfungswasser aus dem Tagebau zufließt. Sie geben der Niers Nachschub für ihre 114 Kilometer lange Reise bis zur Mündung in die Maas bei Gennep in den Niederlanden.

Margit Heinz weist darauf hin, dass die Nierslänge nicht konstant, sondern immer „im Fluss“ ist. Bevor der Mensch die Niers begradigt habe, sei sie sogar 36 Kilometer länger gewesen als heute, so Margit Heinz. Durch zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen erhalte das Flussbett seit einigen Jahren wieder seinen natürlichen schleifenförmigen Verlauf. So werde beim aktuell geplanten Projekt Bresgespark Rheydt der Lauf der Niers um 1,7 Kilometer länger. Langfristigen Planungen zufolge soll die Niers ab etwa 2080 aus dem Tagebau-Restsee bei Wanlo abfließen.

(Report Anzeigenblatt)