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Räuber-Boss sagt „Tschö“

Räuber-Boss sagt „Tschö“

ET: Am 11. Juni ist also Schluss mit der Bühne. Mal ehrlich, warum nimmst du Deinen Hut?

Brand: Im Dezember bin ich 65 geworden; das ist eine magische Grenze. Man ist ständig im Fokus, kann nicht mal was schleifen lassen. Zudem meine ich, man muss auch loslassen können; alles ist nur auf Zeit. Und drittens verändert sich die Art des Feierns, auch im Karneval, aber ich will mich nicht verbiegen.

Wie geht es mit den Räubern weiter?

Die Jüngeren denken musikalisch anders, bin gespannt, wie sich die älteren und die jüngeren Räuber zusammenraufen. Sie werden ausprobieren, womit sie Erfolg haben. Jede Zick hätt ihre Lück, aber ich bin ja nicht weg, nur nicht auf der Bühne, sondern henger d’r Britz, wie der Kölner sagt (hinter der Bühne).

Wann hast du angefangen Musik zu machen?

Im Fanfarencorps Neuss habe ich die erste Berührung mit der Musik gehabt, dann habe ich meine erste Band gegründet, die ‚Pure Boys’; wir haben den Beat der 60er gespielt. Zwölf Jahre bis 1989 habe ich zusammen mit Friedel Müntnich als die „Flamingos“ Musik gemacht, und 1991 habe ich dann zusammen mit Keyboarder Kurt Feller die Räuber gegründet.

Vom Beat zu Kölschen Tön, wie kam das denn?

Die Bläck Fööss waren der Auslöser in mir. Ihre Musik hat mich begeistert. Man kann sagen, ohne die Bläck Fööss wäre ich nie geworden, was ich jetzt bin.

Wie schafft man es, nach recht kurzer Zeit im Kölner Karneval Fuß zu fassen?

Wie immer im Leben muss man im richtigen Moment am richtigen Ort die richtigen Leute treffen. Und du musst kontinuierlich sehr gute Leistung bringen und wissen, wie man mit dem Publikum umgehen muss. Wir hatten von Anfang an 200 Karnevalsauftritte in der Karnevalssession.

War der Düsseldorfer Karneval eigentlich nie eine Option?

Als Flamingos haben wir uns als Jungkarnevalisten in Düsseldorf vorgestellt, aber sie haben uns weggeschickt. Entdeckt wurden wir von den Kölner treuen Husaren, die uns (Flamingos) zu ihrer Sitzung einluden. Als wir dort unsere Hits ‚Denn wenn et Trömmelche jeiht’, ‚Op dem Maat’ und ‚Schau mir in die Augen’ spielten, jing et ab.

Wie würdest du den Musikstil der Räuber beschreiben?

Unser Stil ist, dass wir keinen Stil haben. Wir machen alles, vom Wiener Walzer bis zum Kölner Krätzche (mundartliches Lied, in dem Streiche erzählt werden). Wir fragen uns bei jedem Lied, was nimmt man uns ab, was ist authentisch, nur das zählt.

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Wieviele Auftritte habt ihr im Jahr?

Im vorigen Jahr haben wir das 25-Jahre-Räuber-Jubiläum gefeiert mit weit über 300 Auftritten, einschließlich der 250 Auftritte in der Session.

Wann weißt du bei einem Auftritt, dass ihr beim Publikum ankommt?

Die Augen der Menschen verraten es. Ob der Saal laut ist oder eher ruhig und ob die Menschen jung oder älter sind, am Blick erkenne ich, ob wir ankommen. Natürlich ist auch der Applaus wichtig. Lang anhaltender Applaus im Millowitsch-Theater nach einem leisen Stück ist manchmal höher zu bewerten, als laute Stimmung im Festzelt.

Was ist dir aus den 25 Räuber-Jahren in besonderer Erinnerung geblieben?

Es ist soviel passiert, darüber könnte ich ein Buch schreiben, mitten ins Herz, voll aus dem Leben.

Ein ganz besonderes Erlebnis hatte ich nach einem Auftritt in Pennsylvania. Eine alte Frau, ein Jüdin, sprach uns an; sie habe sich 500 Meilen zu dem Auftritt der kölschen Band fahren lassen, sagte sie in gutem Kölsch. Sie erzählte, sie habe nach ihrer Auswanderung nach Amerika geschworen, nie mehr nach Deutschland zurückzukehren, doch jetzt werde sie ihren Schwur brechen, um noch mal Deutschland zu sehen. Wir organisierten ihren Besuch, doch leider hat sie es nicht mehr erlebt. Kurz bevor es losgehen sollte, starb sie.

Du hast fast alle Lieder selbst komponiert und die Texte geschrieben. Was ist das für ein Gefühl, wenn die eigenen Lieder so was wie Volksgut werden?

Ich will dazu ein Beispiel nennen. Wenn ich beim FC im Stadion bin und 50.000 Zuschauer grölen dat Lied vom Trömmelsche, dann macht mich das mächtig stolz. Die Lieder sind e Stöcksche Jeschichte, die net so schnell mehr aus der Szene rauszukriejen is. Einige Lieder werden mich sicher überleben.

Vielen Dank für das ausführliche Interview, un mach’ et joot.

(Report Anzeigenblatt)