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Spiel war nur noch Nebensache

Spiel war nur noch Nebensache

Die Anschläge rund um das Stade de France in Paris bekamen Lutz Gottwald und Thomas Möllenhoff hautnah mit. Die beiden Freunde aus dem Kreis Viersen waren mit dem Fanclub Nationalmannschaft im Stadion.

„Wenn die Tribüne vibriert, dann weißt du, dass es sich nicht um einen Böller handeln kann.“ Was genau da gerade hinter ihrer Kurve im Stade de France geschah, als es am Freitagabend knallte, wussten Lutz Gottwald und Thomas Möllenhoff natürlich nicht. Explodierte Gasflaschen war die offizielle Ansage. „Zur Halbzeit habe ich vom Oberrang aus hinunter geschaut. Als ich die rund 40 Polizeiwagen gesehen habe, war mit klar, dass es etwas anderes sein musste“, sagt Möllenhoff. Kurze Zeit später kamen die ersten Nachrichten per SMS und Whatsapp aus Deutschland. „Das Handynetz war aber so überlastet, dass es schwer war, überhaupt Nachrichten zu erhalten oder zu antworten“, erinnert sich Gottwald.

Das Spiel geriet in der zweiten Hälfte zur Nebensachen, vielmehr verbreiteten sich die Nachrichten im Block der deutschen Anhänger wie ein Lauffeuer. „Natürlich hat man ein mulmiges Gefühl“ verdeutlicht Möllenhoff. Verstärkt wurde das, als nach Spielschluss zahlreiche Besucher in Richtung Spielfeld strömten. „Wir wussten ja nicht, warum alle wieder zurückkamen.“ Durchsagen und Anzeigen auf den Videoleinwänden waren nur auf Französisch, also verließ man sich auf die Infos, die die offiziellen Fanclub Betreuer erhielten. Rund eine Stunde nach Spielschluss harrten beide mit ihrer Gruppe im Fanblock aus, bei einigen lagen die Nerven blank. „Es gab welche, die sich nicht alleine auf die Toilette trauten, andere weinten die ganze Zeit“, erzählt Möllenhof.

Gegen 24 Uhr machte sich die Gruppe schließlich auf den Weg aus dem Stadion. Alle fünf Meter stand ein Polizist mit Gewehr im Anschlag. „In dem Moment war aber keine Angst da. Es war schon erstaunlich, wie viele Polizisten, in Uniform und Zivil, mobilisiert wurden“, sagt Lutz Gottwald. Rund 14 Kilometer waren es bis zum Hotel. Da die Metro gesperrt war, machten sich alle erst einmal zu Fuß auf den Weg. Doch welcher Weg der beste und schnellste war – keiner wusste es. Nach einer halben Stunde schließlich konnte die Fangruppe an einer gut beleuchteten Straße ein Taxi anhalten. „Eigentlich passten nur sechs Leute rein, der Fahrer hat aber bis zu neun pro Fahrt mitgenommen“, so Gottwald. Viermal musste das Taxi fahren. Der Preis von 150 Euro pro Fahrt war allen am Ende völlig egal.

Noch in der Nacht verständigte man sich darauf, am nächsten Morgen schon um neun Uhr die Heimreise anzutreten. Raus aus Paris, zurück zu den Liebsten nach Hause war die Devise.

Die Lust, die Spiele der Nationalmannschaft zu besuchen, konnten die Terroristen Lutz Gottwald und Thomas Möllenhoff aber nicht nehmen. Bereits gestern waren beide wieder beim Länderspiel gegen Holland in Hannover dabei. „Die Überlegung abzusagen, gab es eigentlich

nie“, so die Freunde.

(StadtSpiegel)