Boote für Liebhaber

Bootsbauen ist Handwerk. Sägen, hobeln, schleifen, harte Arbeit, in der Werft ist es trotz des offenen Tores warm, Jörn Niederländer wischt sich den Schweiß von der Stirn und schmunzelt: „Zum Ausgleich ist es in der Halle im Winter recht kühl.“

Der Kaldenkirchener Meister-Bootsbauer will sich nicht beklagen. Denn: Was bei der schweißtreibenden Arbeit herauskommt, kann sich sehen lassen. Da wartet zum Beispiel ein schmuckes weißes Kielboot der Drachen-Klasse, zuletzt auf der Messe „boot“ in Düsseldorf ausgestellt, auf einen Käufer. Schließlich gibt es laut Niederländer „trotz des Booms von Kunststoff und Metall im Bootsbau immer noch eine Szene von Interessenten und Liebhabern“.

Am anderen Ende der Werft steht aufgebockt ein eleganter Segler, dessen Rumpf repariert werden muss: Gerade vermisst ein junger Mitarbeiter die Plankenlänge mit Zirkel und Zollstock, Niederländer hat dem begabten Flüchtling nach Rücksprache mit den Behörden einen Job angeboten: „Bei uns in der Innung und in der Handwerkskammer bemühen wir uns soweit möglich, auch Flüchtlingen Praktikumsplätze oder mehr zu bieten.“

Manche von Niederländers Werken indes landen nicht im Wasser, sondern in Museen, und Ausstellungen oder auf Theaterbühnen. Zu den Spezialitäten des 60-Jährigen gehören nämlich historische Schiffsbauten, die er auch in Zusammenarbeit mit Archäologen und Historikern erstellt oder restauriert.

Vor vier Jahren nämlich wurde Niederländer vom ursprünglichen Standort An der Kleinbahn „von der Stadt Nettetal vertrieben“, sagt der 60-Jährige: Seine Werft, zugegebenermaßen ein schon älteres Gebäude, musste Platz machen fürs neue Gewerbegebiet Venete. „Man sagte mir, ich würde potenzielle Investoren abschrecken“, erinnert sich Niederländer und schüttelt den Kopf: „Unsere Werft ist weg, aber getan hat sich in Venete seitdem so gut wie nix.“

Die Stadt weist die Vorwürfe zurück. Man habe andere Grundstücke vorgeschlagen, doch seien diese Angebote abgelehnt worden. „Wir verweisen zudem auf den seinerzeit ständigen Austausch mit Herrn Niederländer“, sagte ein Sprecher der Stadt.

Dass die Stadt Nettetal und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen (WFG) damals einen der renommiertesten Bootsbauer seiner Meinung nach vergraulten, macht der Kaldenkirchener kein Aufhebens: „Ich baue und repariere ja nur Holzboote.“ Aber was für welche: Auch Bestseller-Autor Frank Schätzing fährt in der ZDF-Reihe „Terra X“ in einem Holzboot von Jörn Niederländer.

(StadtSpiegel)