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Erinnern an die Lebensgeschichte

Erinnern an die Lebensgeschichte

„Jeder Mensch hat ein Namen“ lautet ein Gedicht von Zelda Schneurson Mishkovsky – die Worte des aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzten Gedichts berührten die zahlreichen Gäste am Mittwoch, 17. Februar, ganz besonders.

Zu Ehren von fünf ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern Kaldenkirchens versammelten sich bei frostigen Temperaturen zahlreiche Gäste, um an deren tragische Lebensgeschichte zu erinnern.

Gemeinsam mit dem in Nettetal mittlerweile bekannten Kölner Künstler Gunter Demnig wurden dazu fünf Stolpersteine – voraussichtlich die letzten in Kaldenkirchen – verlegt.

Vorbereitet und organisiert wurde die Veranstaltung von der „Initiative Stolpersteine in Kaldenkirchen“, die damit insgesamt 30 Steine im Nettetaler Stadtteil verlegen ließ. Andreas Grefen, evangelischer Pfarrer in Kaldenkirchen nahm die anwesenden Gäste gemeinsam mit den Schülerinnen und Schüler des Geschichtskurses der Jahrgangsstufe 13 der Gesamtschule unter der Leitung von Oberstudienrätin Julietta Breuer mit auf eine Reise zurück in die Zeit nationalsozialistischer Schreckensherrschaft.

An der Bahnhofsstraße 76 lebten bis zu ihrer Deportierung die Eheleute Henriette Defries (eine andere Schreibweise lautet „Devries“) und ihr Mann Simon. Henriette, Großtante der aufgrund ihrer Tagebücher weltberühmten Anne Frank, starb 1943 in Auschwitz, ihr Mann bereits 1939 an den Folgen des Novemberprogroms 1938.

Ein weiterer Stolperstein wurde an der Fährstraße 12 verlegt. Hier lebte die ledige Johanna Sanders, die 1942 nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie 1943 ermordet wurde. Die dritte und letzte Verlegestelle in der Steyler Straße 7 beherbergt bereits drei für die Familie Harf verlegte Stolpersteine. Neu hinzu kamen nun Stolpersteine für das Ehepaar Henriette und Sally Sanders, die 1941 aus Kaldenkirchen in das Ghetto Riga deportiert und dort ermordet wurde.

Neben der biografischen Begleitung der NS-Opfer durch den Geschichtskurs der Gesamtschule sorgten auch Boris Gerskovic und Efim Kosjanski (Mitglieder der jüdischen Gemeinde Mönchengladbach) und Edith Bader-Devries für andächtige Stille und viel nachdenkliche Gäste. Gerskovic sprach das jüdische Totengebet „El male rachamin – G´tt voller Erbarmen“ und zeigte sich ebenfalls froh, dass das Leben und Wirken der fünf Ermordeten durch das Gedenken der Nettetaler nicht in Vergessenheit geraten wird. Edith Bader-Devries, Großnichte von Henriette Defries, reiste extra aus Düsseldorf an und berichtete während der im Anschluss an die Verlegung im Gemeindehaus stattfindenden Gedenkstunde von ihrem persönlichen Schicksal. Sie überlebte mit ihren Eltern das KZ Theresienstadt und erschien am Mittwoch mit dem damals üblichen Judenstern zur Gedenkstunde.

(StadtSpiegel)