Etwas fürs Leben lernen

Hannah Touppen ist Schülerin der Klasse 10 der Hauptschule Kaldenkirchen in Nettetal. Ihre Schule bietet den Schulabgängern – in Kooperation mit dem Kirchengemeindeverband Nettetal – ein zweitägiges Schulpraktikum an.

Die 17-jährige Klassen- und Schülersprecherin weiß noch nicht, was sie an diesen zwei Besinnungstagen, wie das Praktikum, in dem die Schüler an sozialkritische Themen herangeführt werden, auch heißt, erwarten wird. Die Sozialpädagogin Eva Cappell und ihre Kollegen Dirk Engels und Stephan Pläpp haben gemeinsam mit der Streetworkerin Marie Hellekamps bereits im vierten Jahr in Folge in den Jugendzentren des Gemeindeverbands wieder alles akribisch vorbereitet. Das bestätigt auch der seit 2000 in Kaldenkirchen beschäftigte Lehrer Markus Klinkhamels.

„Unsere Klasse durfte eins von mehreren vorgeschlagenen Themen für die Besinnungstage auswählen. Wir haben Liebe/Freundschaft/Sexualität gewählt“, berichtet Hannah Touppen selbstsicher und verrät, dass die Themen Gewalt und Drogen keine Mehrheit fanden.

Ihr Lehrer, der räumlich von seinen Schülern getrennt agiert, berichtet, dass er schon mal im Einzelfall hinzugezogen wird, wenn ein Thema von den Schülern zu impulsiv diskutiert werden sollte. „Diese Besinnungstage werden in der heißen Phase des Schulabschlusses das Gruppengefüge erheblich stärken“, erklärt der Hauptschullehrer.

„Werdet ihr auf Biegen und Brechen an einer Beziehung festhalten? Auch dann, wenn ihr eurem Partner schon seit langem nichts mehr zu sagen habt?“, fragt Marie Hellekamps die Gruppe der Teilnehmer. „Kommt ganz drauf an“, antwortet ein junger Schüler der Streetworkerin ruhig und löst damit eine muntere Diskussion aus. Die Schülersprecherin freut sich darauf, dass die Arbeit im Praktikum ganz ohne Lehrer, Noten und Zwang ablaufen wird. Die Besinnungstage würde die junge Frau nach dem ersten Eindruck auf einer Richterskala von eins bis zehn bei acht einordnen.

„Morgen werden wir die Schüler vorsichtig mit der Vorstellung konfrontieren, was es für ihr Leben bedeutet, in ihrem Alter bereits Vater oder Mutter zu werden“, berichtet Eva Cappell und ist davon überzeugt, dass das auf Haupt- und Realschulen zugeschnittene Konzept von Schülern und Schulen auch in der Zukunft sehr gut angenommen wird.

Hannah Touppen nimmt eine ihrer langen Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger und zögert kurz: „Vielleicht kann man ja was fürs Leben lernen. Das ist auf jeden Fall mit das Spannendste, was wir bisher in der Schule gemacht haben“, verrät die Schülersprecherin und läuft neugierig zurück zur nächste Gruppenarbeit.

(StadtSpiegel)