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Stichwort Generalistik: Nimmt Bereitschaft zur Verantwortung ab?

Stichwort Generalistik : Nimmt Bereitschaft zur Verantwortung ab?

In NRW befinden sich derzeitig viele Auszubildenden in der Altenpflege in der heißen Phase der Abschlussprüfungen. So auch Oliver Speidelsbach. Im Zuge seiner Ausbildung interessierte sich der 41-jährige Viersener schnell für berufspolitische Themen rund um seinen Pflegeberuf.

Es verwundert von daher nicht, dass er, gleich nach dem ersten Ausbildungsjahr, das Amt der Jugend- und Auszubildendenvertretung, kurz JAV, bekleiden wollte. Speidelsbach klingt nachdenklich, wenn er sagt: "Es scheint ein gesellschaftliches Phänomen zu bleiben, dass die Bereitschaft auf Seiten der Arbeitnehmer, eigenverantwortlich die Gestaltung des eigenen Berufsfeldes zu übernehmen, im allgemeinen stark abnimmt."

Dabei tut sich kurz vor den Bundestagswahlen und zum Ende der Legislaturperiode nicht gerade Unbedeutendes für die zukünftigen Auszubildenden in der Pflege. Die Ausbildungsbedingungen sollen noch vor der Wahl entscheidend reformiert werden. Am 22. Juni berät der Bundestag über die Generalistik und das Pflegeberufe-Reformgesetz, wie die Versuche der Bundesregierung, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, im Amtsdeutsch heißen. Die Pflegezeitschrift "Springer Medizin" unkte jedoch schon in ihrer Ausgabe 5/2017: "Generalistische Pflegeausbildung kommt scheibchenweise." Der anfängliche Entwurf der Bundesregierung sah nämlich eine einheitliche Ausbildung über drei Jahre für Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege vor.

"Alles ist besser für die Pflege als der derzeitige Zustand", will dagegen Speidelsbach wissen, "weil die Auszubildenden nach zwei Jahren selbst entscheiden können, ob sie sich mehr von der Kinder-, Alten oder Krankenhauspflege angesprochen fühlen", meint die zukünftige Pflegefachkraft.

Der ausgearbeitete Kompromiss der Regierungsparteien zur Generalistik baut auf einem gemeinsamen Lehrinhalt in den ersten beiden Jahren auf. Im letzten Ausbildungsjahr können sich die Auszubildenden spezifizieren. Gebühren zur Ausbildung würden wegfallen. Der Gesetzesentwurf soll noch vor der Bundestagswahl im September Bundestag und Bundesrat passieren. "Seit 2011 haben allein in NRW 6 000 mehr Auszubildende den Altenpflegeberuf erlernen wollen, wobei die Anzahl an Pflegeschulen und Dozenten gleich geblieben ist", bemerkt Speidelsbach kritisch.

"Insbesondere für die Altenpflege bleibt auch nach Einführung der Generalistik ein erheblicher Verbesserungsbedarf bestehen. Der muss aber in erster Line von Seiten der Träger eingelöst werden. Die Politik hat erst einmal eine Weiche gestellt", glaubt Speidelsbach. Wird der Gesetzesentwurf noch vor den Bundestagswahlen verabschiedet, soll die Generalistik ab 2019 gelten.

(StadtSpiegel)