Terrorspuren im Grenzwald

Die Nettetaler Studentin Eva Burghardt befragte für einen Radiobeitrag über den Deutschen Herbst als Zeitzeugen Ex-Polizeichef Horst Schirrmacher und Ex-Zöllner Manfred Wintzen.

Tatort Grenzwald: „Dieser Weg war wohl auch in den Fluchtplänen der Terroristen verzeichnet, wir vom Zoll haben hier, genau wie die Polizei und Spezialeinheiten, öfter kontrolliert, einmal fielen sogar Schüsse“, erzählte Manfred Wintzen. Der damalige Leitende Zollbeamte zeigte beim Ortstermin der Studentin Eva Burghardt, wo sich vor 40 Jahren Mitglieder der RAF von Kaldenkirchen nach Tegelen durchschlagen wollten.

Burghardt begab sich mit Wintzen auf die Spuren der RAF-Terroristen im Grenzwald, sie recherchierte für eine Radiosendung, befragte Zeitzeugen, neben Wintzen auch Horst Schirrmacher. Der mittlerweile pensionierte Polizeichef stieß damals auf „ein Schriftstück, auf dem der Name der gesuchten Terroristin Sigrid Sternebeck vermerkt war“, erfuhr Burghardt. Auf dem Papier sei die Flucht-route vom Bahnhof Kaldenkirchen mit dem Bus nach Kreuzmönchdorf und von dort über Schleichwege durch den Wald nach Holland verzeichnet gewesen.

„Geschichte wird einem bewusster, wenn man mit Menschen sprechen kann, die historische Ereignisse miterlebt haben“, sagte die 26-Jährige. Genau darum gehe es im Master-Studiengang „Public History“, den die Kaldenkirchenerin im Rahmen ihres Geschichtsstudiums an der Uni Köln belegt: Geschichte lebendig und verständlich medial aufbereiten, zum Beispiel den so genannten Deutschen Herbst, als Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) in Köln Arbeitgeber-Präsident Hanns-Martin Schleyer entführten und später ermordeten.

In einem Seminar zum Thema Historische Radioreportagen führte Dozent Michael Kleu, begleitet vom WDR-Fernsehmagazin „Planet Wissen“, die Studierenden auch zu Schauplätzen der Schleyer-Entführung in Köln. Burghardt: „Das war schon beeindruckend, und ich fand es von daher spannend zu untersuchen, ob und welche Rolle meine Heimat Kaldenkirchen im Deutschen Herbst gespielt hat.“ Und tatsächlich: Bei der Fahndung nach den Terroristen stand auch die Grenzregion zwischen Deutschland und den Niederlanden im Fokus.

Alle Details freilich verrieten weder Schirrmacher noch Wintzen – Burghardt: „Beide deuteten mir gegenüber an, dass manche Vorgänge bis heute der Geheimhaltung unterliegen.“ So wurde nie öffentlich gemacht, wer damals geschossen hat, ob und welche Terroristen gesichtet oder gar geschnappt wurden.

Immerhin zeigte Wintzen ihr einen der mutmaßlichen Fluchtwege: Zwischen dem ehemaligen Grenzübergang Heidenend und einem Abhang führt noch heute ein befestigter Weg in den Wald. „Einfach krass, sich vorzustellen, was hier passiert ist“, staunte Burghardt. Wintzen ergänzte mit einem Blick auf den Stadtplan schmunzelnd: „Und es sieht ja hier noch alles so aus wie damals.“

(StadtSpiegel)