Zeitzeugen gesucht!

Ein Projektkurs der Gesamtschule Nettetal sucht nach Spuren von Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Von seiner Zeit in Breyell berichtet ein ehemaliger Kriegsgefangener.

„Wer hat noch Erinnerungen an Zwangsarbeiter, daran, wo sie eingesetzt wurden und untergebracht waren, wer hat vielleicht sogar noch Fotos oder Dokumente?“, fragen vierzehn Gesamtschüler. Für ihren Projektkurs „ZwangsarbeiterInnen 1939 – 1945 in Nettetal und in der BRD“ suchen sie dringend Nettetaler, die ihnen aus erster Hand berichten können.

Die Schüler der Jahrgangsstufe 12 wollen mehr herausfinden über Zeiten und Zustände, an die sich einige ältere Nettetaler noch erinnern dürften. Sie recherchieren im Kreisarchiv und in Nettetaler Stadtteilen, befassen sich mit Dokumenten, besuchen Gedenkstätten und Friedhöfe, auf denen Zwangsarbeiter begraben sein könnten.

Nicht zum ersten Mal befassen sich Gesamtschüler unter der Leitung von Lehrerin Julietta Breuer mit Erinnerungskultur, arbeiten die lokale Geschichte auf: Vorherige Kurse erforschten die Geschichte der Juden in Nettetal. Die Aktionen führten schließlich zur Errichtung des Mahnmals in Breyell und zur Verlegung von Stolpersteinen vor Häusern, in denen ehemals jüdische Mitbürger wohnten.

Auch das Projekt Zwangsarbeit soll nicht allein mit Facharbeiten enden, schon jetzt sind zumindest Dokumentation und Ausstellung geplant. Für den 18-jährigen Gesamtschüler Thorsten Tack ist es dabei „spannend“ zu recherchieren, was „direkt vor der Haustür passiert ist“. Ihn und seine Mitschüler hat es „überrascht, dass so viele aus dem Osten Europas hier gearbeitet haben“; Hunderte waren es wohl.

Einer von ihnen war Dobrosav Markovic aus dem damaligen Jugoslawien, von Januar bis Mai 1945 Kriegsgefangener in einem Lager in Breyell-Fongern. Lehrerin Breuer befragte den 98-Jährigen in einem Altenheim in Solingen und erfuhr, dass sich im Lager 18 Gefangene einen Schlafraum teilen und bei Fliegeralarm draußen bleiben mussten.

Das Lager der Zwangsarbeiter war in einem Fabrikgebäude in der Straße, die heute Metgesheide heißt. Breuer: „Allein in Breyell und Umgebung haben wir 140 Adressen nachgewiesen, wo Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.“ Markovic arbeitete auf dem Bauernhof von Familie Syben, fühlte sich fair und freundlich behandelt, blieb nach dem Krieg in Deutschland – und mit den Sybens bis heute in freundschaftlichem Kontakt.

Den Gesamtschülern gibt der ehemalige Zwangsarbeiter Markovic mit auf den Weg „dass man friedlich miteinander umgehen soll“.

(StadtSpiegel)