: Bewusst in die Irre geführt

Obwohl wir Verbraucher uns so gerne orientieren möchten, können wir uns auf Bewertungen im Internet nicht mehr verlassen. Im Gegenteil: Wir werden an der Nase herumgeführt. Viele der positiven oder negativen Bewertungen, beispielsweise bei Google, sind gefälscht.

Ganz gleich, ob die Lavendelsäckchen, das Lautsprecher-Komplettset oder das Hotel am Strand in den Fokus unserer Begierde rückt, auf die Einschätzungen anderer wollen wir uns so gerne verlassen. Doch ein großer Teil der Bewertungen im Internet ist schlicht und einfach fake.

Wer beispielsweise negative Bewertungen für eigene Interessen sucht, wird schnell fündig. Im Angebot wird nicht lange um den heißen Brei geredet, die Zielgruppe ist schnell ausgelotet: „Ihre Mitbewerber haben jede Menge positive Bewertungen und greifen Ihnen damit die Kunden ab? Sie sind der Meinung, Sie hätten noch eine Rechnung offen mit jemandem, der Ihnen geschadet hat? Oder Sie wissen, dass Ihr Wettbewerber positive Bewertungen kauft und Sie wollen die richtigen Verhältnisse wieder herstellen?,“ heißt es auf einer Webseite. Hier kann man negative Bewertungen kaufen – ohne große Probleme und – wie zugesichert wird – völlig anonym.

Aktuell betroffen ist das Ehepaar Lisa und Richard van Batenburg. Seit gut einem halben Jahr sind die beiden Pächter des Hotel/ Restaurants „Kaisermühle“ in Viersen. Vor kurzem wurden sie über Google binnen zweier Wochen mit 16 extrem negativen Bewertungen überhäuft. Dass es Fake-Bewertungen waren, fand das Ehepaar schnell heraus. „Keine dieser Namen hatte bei uns gebucht oder einen Tisch reserviert“, sagt Lisa van Batenburg. Das Essen im Restaurant wurde sogar dann bewertet, als eine geschlossene Gesellschaft die Kaisermühle gebucht hatte und gar kein Essen á la carte ausgegeben wurde.

Über 90 Prozent der Deutschen vertrauen Online-Bewertungen. Schätzungen zufolge sind allerdings rund ein Drittel gefakt. Dass (gefälschte) negative Bewertungen geschäftsschädigend sind, liegt auf der Hand. Dass (gefälschte) positive Bewertungen Gold wert sein können, ebenfalls. Der Verbraucher wird in beiden Fälle bewusst getäuscht.

Das Landgericht München hat am 14. November 2019 entschieden, dass gekaufte Fake-Bewertungen rechtswidrig sind. zeit online berichtete schon im Juni 2018, dass Google eine Ein-Sterne-Negativ-Bewertung löschen musste. Ein Arzt hatte geklagt und Recht bekommen. Über die Brisanz von negativen Google-Bewertungen berichtete im Juli die Deutsche Handwerker-Zeitung in ihrem Artikel „Wie Online-Bewertungen Existenzen vernichten können“.

Längst bieten Anwälte ihre Dienstleistungen an, um negative Fake-Einträge bei Google und Co. löschen zu können. Der Weg, beim jeweiligen Online-Portal auf eigene Faust einen geschäftsschädigenden oder beleidigenden Eintrag löschen zu lassen, kann ein langer werden, obwohl die entsprechenden Richtlinien für Rezensionen solche negativen Beiträge doch eindeutig untersagen.

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Ein anderes probates Mittel – auch wenn es viel Mühe macht – ist, auf jeden Beitrag zu reagieren und so mögliche Fake-Einträge zu entlarven. Dirk Schnitzler vom Fahrradcenter Viersen: „Ich will mich wehren, wenn ich öffentlich an den Pranger gestellt werde. Ich glaube, das ist mein gutes Recht.“ Die Online-Bewertungen seien sehr fragwürdig, schon deshalb, weil in vielen Fällen nicht mit dem Klarnamen gepostet wird. Besser wäre es doch, Kritik direkt im Geschäft vor Ort zu äußern. „Dann kann ein Problem auch sofort gelöst werden“, sagt Dirk Schnitzler.

Auch Möbel Busch/ Trendwerk reagiert auf jeden Eintrag, gleich ob positiv oder negativ. Geschäftsführerin Katrin Busch sieht jeden Eintrag als Chance: „Es ist ein gutes Feedback für uns. Wir können mit unseren Kunden in den Dialog treten.“ Wer die Bewertungen liest, erkennt schnell, dass man sich bemüht, eventuelle Probleme ohne große Komplikationen zu lösen. „Und das ist letztlich auch etwas Positives.“

Tanja Neumann, Referentin für Tourismus- und Internetwirtschaft bei der IHK Mittlerer Niederrhein, weist auf die 18 Praxisworkshops der IHK unter anderem zum Thema Online-Bewertungen im vergangenen Jahr hin. Weitere sollen 2020 folgen. Außerdem biete die IHK hier kostenfreie Beratungen an. „Viele Geschäftsinhaber unterschätzen das Internet völlig“, sagt sie, „etwa die Hälfte hat gar keine Webseite.“ Man rate, die Google-Bewertung ständig im Auge zu behalten. Schließlich wüssten viele gar nicht, dass im Internet über sie „geredet“ wird.

Ein erstes Fazit: Geschäftsinhaber sollten Kritik Ernst nehmen, wenn sie fundiert und sachlich formuliert ist. Gegen Fake-News muss man sich jedoch entschlossen wehren. Und: Verbraucher sollten vorsichtig sein und nicht jeder Bewertung vertrauen.