Den Menschen mehr Zeit spenden

Schon beim ersten Besuch bei einem an Demenz erkrankten Ehepaar gab es eine Reaktion, erzählt Nina Czeczatka aus Schwalmtal von ihrer Arbeit im ehrenamtlichen „multikulturellen Besuchsdienst“ der DRK BsE Ambulanten Dienste Kreis Viersen.

Der leider vor kurzem verstorbene Ehemann habe sehr gut auf den Hund reagiert und sei nach kurzer Zeit aus seiner sonst üblichen Zurückgezogenheit wieder in die Gegenwart gekommen: „Schon nach 30 Minuten hat er sich mit den Worten ´Na, du kleine Mickey-Maus´ an das Tier gewandt“ erzählt die 41-jährige ehrenamtlich Engagierte. Über Milla sei es gelungen, die Erinnerungen an den eigenen Hund zurückzuholen.

Milla ist ein achteinhalb Jahre alter Bracke-Mischling – und mit Frauchen bildet sie das derzeit einzige Besuchshunde-Team der Ehrenamtler des Besuchsdienstes der DRK BsE Ambulanten Dienste. Derzeit gibt es 23 Freiwillige aus dem ganzen Kreis Viersen, die „keine Ausbildung brauchen und einfach nur mitmachen und zuhören wollen“, schildert Susanne Gilbert-Hoeren, die Koordinatorin des Besuchsdienstes.

Sie möchte in 2017 die Besuchs- und Betreuungsdienste ausweiten und sucht Verstärkung, aber auch Menschen, die das kostenlose Angebot des Ehrenamtes nutzen möchten. „Es muss nicht ein Besuchshunde-Team sein. Wir suchen Menschen, die anderen Menschen Zeit spenden wollen – sie besuchen, mit ihnen spazieren gehen und ihnen das Gefühl vermitteln: Du bist im Alter nicht allein“, erklärt sie, worum es geht. Ein wichtiges Anliegen ist ihr, dass sich auch ehrenamtlich Engagierte finden, die sich um Menschen mit Demenz kümmern möchten.

Dafür sind keine besonderen Vorkenntnisse notwendig, bestätigt Besuchsdienstlerin Czeczatka: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es das wichtigste ist, Humor und Gelassenheit mitzubringen und bereit zu sein, sich auch auf manchmal schwierige Situationen einzulassen“. Dafür erhalte sie bei ihren Besuchen sehr viel: „Es ist schön, mit diesen Menschen, die manchmal den ganzen Tag keine anderen Kontakte haben, zu lachen und zu reden.“

Der Hund erleichtere in ihrem Fall den Zugang, räumt sie ein: „Milla bekommt Schwingungen und Gefühle mit und geht instinktiv darauf ein. Das ist für das Tier auch sehr anstrengend, aber wenn ich merke, es wird zu viel, dann nehme ich sie aus der Situation heraus“.

Ein wichtiger Bereich im Kreis Viersen ist der Raum Schwalmtal/Brüggen – denn gerade in den ländlichen Regionen ist die Gefahr der Vereinsamung groß, wenn zum Beispiel die Kinder aus beruflichen Gründen nicht mehr in der Nähe der Eltern wohnen.

Genauso wichtig ist, dass die Interessenten wissen, dass der Besuchsdienst für sie komplett kostenlos ist. Er gehört nicht zu den Pflegeleistungen, die über die Pflegeversicherung finanziert werden, sondern ist ein unentgeltliches Angebot, um möglichst lange selbstständig in den eigenen vier Wänden zu leben.

(Report Anzeigenblatt)