Ein Platz zum Trauern

Menschen, die ihren Partner verloren haben, finden Kraft und Trost im Trauercafé des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen. Seit fünf Jahren gibt es das Angebot.

Marion Schmitz (Name geändert) mag Kerzen. „Ich mache mir die Welt hell“, sagt die 44-Jährige und lächelt für einen kurzen Moment. Tatsächlich sieht es in ihrer Welt seit einem halben Jahr meist dunkel aus. Im Juni starb ihr Mann an Krebs, das Paar war 20 Jahre zusammen. Ihre Trauer beschreibt Marion Schmitz so: „Atmen, essen, schlafen, trinken – es gibt Momente, da ist man zu mehr nicht in der Lage.“

Im Trauercafé des Caritasverbandes in Viersen trifft sie Menschen, die wissen, wie sie sich fühlt, weil sie ebenfalls ihren Partner verloren haben. „Dadurch spüren wir eine Verbundenheit. Hier kann ich weinen, hier muss ich nichts erklären“, sagt Marion Schmitz. Und sie nimmt die Erfahrungen der anderen mit, die schon länger trauern: „Gruppenmitglieder hatten mir berichtet, dass es in einer bestimmten Phase schlimmer statt besser wird.“ Als sie es dann selbst erlebte, konnte sie ihre Gefühle einordnen.

„Trauer ist ein tiefes Loch, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Sie lässt sich nicht einfach überwinden, sie muss durchschritten werden, und das braucht viel Zeit“, sagt Susanne Kiepke-Ziemes. Freunde und Verwandte könnten oft nicht verstehen, weshalb die Trauer so lange dauere, und verlören die Geduld. Seit fünf Jahren leitet die Familientherapeutin gemeinsam mit Gemeindesozialarbeiter Michael Dörmbach das Trauercafé des regionalen Caritasverbandes. Alle vier Wochen kommen bis zu zwölf Betroffene im Viersener „Haus der Caritas“ zusammen. „Über hundert Menschen waren schon bei uns“, berichtet Kiepke-Ziemes. Sie koordiniert das Projekt „Würdige Sterbebegleitung“ des Caritasverbandes und erkannte, dass es kaum Unterstützungsangebote für trauernde Angehörige gibt. Der Bedarf ist groß. Inzwischen hat sich zusätzlich ein ehrenamtlich organisierter Stammtisch von Trauernden für Trauernde etabliert.

Zum fünfjährigen Bestehen des Trauercafés traf sich die Gruppe zu einer Gedenkfeier. Michael Dörmbach und Susanne Kiepke-Ziemes überreichten jedem Gast einen Backstein – „als Symbol für die Last, die ihr zu tragen habt“. Die Trauernden schrieben den Vornamen des Verstorbenen auf die schmale Seite ihres Steins und bauten daraus eine kleine Mauer. „Niemand kann einem die Verzweiflung, die Wut und die immer wiederkehrenden Schuldgefühle abnehmen“, sagte Dörmbach.

Das stimmt, bestätigt Marion Schmitz. Aber sie hat auch erfahren: „Egal wie schlimm der Tag ist – er ist nach 24 Stunden vorbei.“ Dass ihr noch einige schlimme Tage bevorstehen, ist ihr bewusst. Sie ist dankbar, dass sie zwei Freundinnen hat, die ihr in solchen Phasen beistehen, sie treibt Sport. Das hilft. Sie sei ein positiv eingestellter Mensch, beschreibt sie sich selbst. Deshalb schaut die 44-Jährige nach vorn. „Man muss irgendwann vom Überleben wieder ins Leben kommen“, sagt sie.

(Report Anzeigenblatt)