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Faszinierende Ausstellung in der Viersener Villa Marx/ Fotos zeigen Zeitgeschichte: Fotografie der Gründerzeit

Faszinierende Ausstellung in der Viersener Villa Marx/ Fotos zeigen Zeitgeschichte : Fotografie der Gründerzeit

Gemeinsam mit dem Verein für Heimatpflege Viersen hat der Historiker, Autor, Journalist und begeisterter Sammler von historischen Fotografien Helge Drafz in der Villa Marx eine faszinierende Ausstellung über die Kultur- und Sozialgeschichte der Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anhand der nachgelassenen Bilder des Dülkener Fotografen Albert Breuer (1839–1901) konzeptioniert.

„Ich bin durch meine Arbeit beim WDR -Fernsehen zwar im alltäglichen Umgang mit bewegten Bildern vertraut, bin jedoch seit jeher fasziniert vom Medium der Fotografie. Fotos sind für mich eingefrorene Momente der Vergangenheit, die Geschichten erzählen, wenn man sie lesen kann“, erklärt Helge Drafz. Wenn man die Ausstellungsräume betritt, fühlt man sich sofort in eine andere Zeit versetzt. In einer Ecke ist ein gutbürgerliches Wohnzimmer aus der Gründerzeit mit Sofa und einem Familienfoto darüber aufgebaut. In einem Bereich ist das Atelier von Alfred Breuer mit nachgemalter Kulisse und riesiger Kamera nachgestellt. Überall hängen die für die Zeit typischen Fotos thematisch und zeitlich geordnet im damals üblichen Format 6 x 9 als „Carte de Visite“ bzw. im nächst größeren Format „Carte Cabinet“. Aufgrund der in den Anfängen der Fotografie üblichen langen Belichtungszeiten wurden die Menschen sogar in spezielle Gestelle eingespannt, damit sie sich nicht bewegten und damit das Foto verwackelte. Denn jede Fotografie war teuer. Deshalb schauen die Menschen auf den Bildern auch vornehmlich ernst. „Vor allem Kinder und Tiere waren für die Fotografen deshalb eine Herausforderung, denn sie waren ja nicht so leicht ruhig zu stellen“, erklärt Kurator Helge Drafz lächelnd.

Die Fotos zeigen Zeitgeschichte, die Veränderung eines Frauenbilds und lassen Rückschlüsse auf soziale Umstände zu. „Natürlich haben sich die Leute damals stets in ihrem Sonntagsstaat fotografieren lassen. Aber nur die wohlhabenderen Damen konnten sich auch eine Kammerzofe leisten, die ihnen das Haar aufwändiger frisieren konnte. Ist das Haar also klassisch-streng zurückgenommen und nicht in Wellen gelegt, lässt das auf die soziale Herkunft schließen“, erklärt Helge Drafz. So normal ist das Fotografieren für uns heute, dass wir uns bewusst machen müssen, dass es Bildnisse von den meisten Menschen vor Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 einfach nicht gab. Nur die Adligen und Reichen konnten sich das Porträtieren leisten - und selbst diese Gemälde waren ja nicht unbedingt authentisch.

Mit der offiziellen Vorstellung des fotografischen Verfahrens Mitte des 19. Jahrhunderts in Paris tritt also ein völlig neues Bildmedium in die Welt, dessen Faszination so groß ist, dass die Fotografie in nur 20 Jahren jeden Winkel Europas erreicht. Als der gebürtige Solinger Alfred Breuer 1866 also in Dülken das erste „Photographische Atelier“ eröffnete, das er bis zu seinem Tod 35 Jahre lang betrieb, traf er einen Nerv jener Zeit. In Vitrinen zeigt die Ausstellung Interessantes und Amüsantes rund um die Entwicklung der fotografischen Technologien im 19. Jahrhundert, und das reicht vom Beginn mit den Daguerrotypien über die beliebten Stererophotographien mit ihren dreidimensionalen Effekten über die verschiedenartig illustrierten Reisefotoalben bis hin zu bereits im Einband liebevoll gestalteten und als Repräsentationsobjekte dienenden Familienalben.

(Report Anzeigenblatt)