Viersen unter der Lupe

Erstmalig seit 2010 führte die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein in diesem Jahr für die Stadt Viersen eine umfassende Standortanalyse durch. Jetzt wurden die Ergebnisse präsentiert.

Der volle Saal in der Villa Marx signalisierte reges Interesse. Viersen besticht durch gute Infrastruktur, muss aber auch einiges tun: Image, Kostenstruktur und Leistungen sowie Arbeitskräfteangebot sind zu verbessern. „Wir wollen eine wirtschaftsfreundliche Stadt sein“, betonte Bürgermeisterin Anemüller. Was muss dafür geschehen? Wichtige Punkte wurden genannt.

Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer, und Gregor Werkle, Leiter Wirtschaftspolitik, präsentierten die Ergebnisse der IHK-Befragung von 150 Betrieben mit 4.000 Beschäftigten. Sie beschrieben Viersen als Handels- und Dienstleistungsort, der vor allem hinsichtlich harter Standortfaktoren wie Verkehrsinfrastruktur, Verkehrsanbindung an Straßen- und Autobahnnetz und die Nähe zu Flughäfen punkten könne; an der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur (Stichwort: Digitalisierung) müsse unbedingt gearbeitet werden. Auch hinsichtlich der Innenstadt existiere ein differenziertes Bild: Sicherheit, Aufenthaltsqualität und Parkgebührenhöhe würden geschätzt, einige innerstädtische Aspekte wie Parkplatzangebot, Stadtbild und Gastronomie benötigten Aufmerksamkeit.

Weitere Herausforderungen seien Fachkräftemangel, vergleichsweise hohe Kosten (Gewerbesteuerhebesatz und Grundsteuerhebesatz) und kommunale Leistungen (Dauer neuer Baugenehmigungen, Plan- und Genehmigungsverfahren). Handlungsempfehlungen der Studie – etwa Standortkosten im Blick zu halten, schnellere Verwaltung und Wirtschaftsfreundlichkeit, Ausbau von IuK-Breitband und verkehrlicher Infrastruktur sowie eine zukunftsweisende Flächenpolitik – schlossen Studie und Präsentation ab.

Die anschließende Gesprächsrunde mit dem IHK-Geschäftsführer, Bürgermeisterin Anemüller, Wertstoffhändler Bernfried Ahle und Modehändler Friedrich Scholz brachte Handlungsnotwendigkeiten auf den Punkt. Der Mangel an Fachkräften ist allerorts spürbar. Steinmetz nannte demografischen Wandel und Akademisierung als Gründe; Kooperationsmöglichkeiten mit Schulen im Schnittfeld zwischen Stadt und IHK sowie Arbeitskräftebindung seien erste Lösungen. Steuererhöhungen würden ein falsches Signal geben, Deutschland sei schon Hoch- bzw. Höchststeuerland, so ein Zuhörer. Anemüller erwiderte: „Unsere Angebote, die wir schaffen, kosten Geld. Wir können nicht mehr sparen.“ Das produzierende Gewerbe – wie auch per IHK-Studie durch die Entwicklung der Beschäftigungszahlen verdeutlicht – werde stiefmütterlich behandelt. „Wenn neben existierenden Gewerbegebieten Wohnbebauung entsteht und dann später die Emissionsbelastung kritisiert wird, fragt man sich, wie die Stadt so etwas zulassen kann“, so ein Gewerbetreibender. Anemüller: „Es gibt Gewerbegebiete für produzierendes Gewerbe. Zudem maßgeblich: Wer war zuerst da? Wir schauen genau hin.“ Steinmetz pflichtete der Sorge um den Rückgang des produzierenden Gewerbes bei.“ Er ergänzt: „Was mir allgemein Sorge bereitet: Das schlechte Signal des Wegzuges von Unternehmen.“ Hier sei Engagement erforderlich.

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Die Abschlussfrage nach Wünschen für ein lebenswertes Viersen von Morgen brachte klare Aussagen: „Setzen Sie hier erwähnte Punkte schleunigst um“, forderte Scholz. Neben dem schnellen Angehen brauche man ein Plus an kommunalen Leistungen, eine wirtschaftsfreundliche Verwaltung und Initiativen zur Ausbildung von Fachkräften, sagte Steinmetz. „Wir wollen unser Leistungsportfolio besser machen, also zum Beispiel Baugenehmigungen schneller erteilen, und uns dringenden Themen wie Digitalisierung und Fachkräftemangel, wo eindeutig Luft nach oben ist, verstärkt widmen“, stimmte Anemüller zu.

(Report Anzeigenblatt)