: Wahn oder noch normal?

Wie lässt sich das vielschichtige Thema Wahn umreißen und wo fängt der Wahn überhaupt an? Diese Fragen standen bei der neunten gemeinsamen Fachtagung des Kreises Viersen und der LVR-Klinik Viersen im Vordergrund.

Mit 200 Besuchern unterschiedlicher Berufsgruppen war die Veranstaltung sehr gut besucht. In ihrem Grußwort machte Gesundheitsdezernentin Katarina Esser deutlich: „Bei Wahnvorstellungen ist noch mehr als bei anderen psychischen Störungen immer auch das Umfeld einbezogen – ob es das will oder nicht.“

Zu Beginn erwartete die Teilnehmer eine Einführung in das Thema Wahn. Der ärztliche Direktor der LVR-Klinik Viersen, Dr. Ralph Marggraf, machte an einem eindrucksvollen Beispiel deutlich: „Es ist in der Praxis oft schwierig zu entscheiden, welche Entscheidung wahnhaft getroffen wurde oder aus eigenen überlegten Gründen. Daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen.“

Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. Wassili Hinüber, erörterte anschließend die Entwicklung des Begriffes und der Sichtweise auf den Wahn in der Psychiatrie und wie vielfältig die Sichtweise und Erscheinung sein kann.

Professor Anne-Frederike Hübener von der Hochschule Niederrhein erläuterte, wie die Verhaltenstherapie bei Wahnvorstellungen erfolgreich eingesetzt werden kann. Sie bedauerte gleichzeitig, dass die Therapie aus Gründen fehlender psychotherapeutischer Kapazitäten nur wenigen Personen zugänglich ist.

In bewährter Form haben auch in diesem Jahr wieder Psychiatrieerfahrene Einblicke in ihr persönliches Erleben und ihre Wünsche für einen Umgang mit der Krankheit gegeben. Sie beeindruckten mit ihrer Offenheit und ihrem Mut, dies während des Fachtages zu schildern. Dabei betonten sie unter anderem, wie wichtig ihnen die Bereitschaft ist, ihnen auch in der Phase einer wahnhaften Symptomatik mit Offenheit und Empathie zu begegnen. Ganz wichtig seien dabei tragende, vertrauensvolle Beziehungen.

Einen besonderen Blick auf Wahnvorstellungen in der Pubertät und im Alter warfen Diplompädagogin Stephania Heidenreich, und Dr. Timm Strotmann-Tack. Heidenreich schilderte sehr plastisch, dass auch eine „normale“ Pubertät schon eine Herausforderung darstellen kann. Sie machte Mut, sich mit Kreativität und Humor auf die Jugendlichen einzulassen. Strotmann-Tack stellte anschaulich die Symptome dar, die im Alter häufig auftreten und welchen Sinn sie für die Betroffenen haben könnten.

Wichtig war allen Referentinnen und Referenten zu betonen, dass man niemandem einen Wahn mit „vernünftigen“ Argumenten ausreden kann.