Eine saustarke Tierhaltung

Auf dem Pötterhof in Brüggen gibt es statt eines Hofladens einen Fleischautomaten. Dort kann nicht nur frisches, sondern auch Fleisch aus einer tierfreundlichen und bewussten Tierhaltung gekauft werden.

Extra-Tipp- Redakteurin Gina Dollen hat den Hof besucht.

"Hier darf das Schwein noch Schwein sein" steht auf einem kleinen Schild neben der Auffahrt zum Pötterhof. Schon von weitem hört man aufgeregtes Gegrunze. Neben einem liebevoll bemalten Tor mit Blumen und einem verschmitzt blickenden Schwein, führt eine Tür zur absoluten Neuheit in Brüggen: dem Fleischautomaten. Direkt daneben: ein großes Glasfenster, hinter welchem sich nicht etwa dutzende Tiere auf kahlen Gittern aneinander quetschen, sondern wo sich Schweine im Stroh wälzen, miteinander spielen und dabei richtig Platz haben.

Ob das nicht schwierig für den Kunden sei, das glückliche Schwein zu sehen und dann Schinkenwurst aus dem Automaten zu ziehen? "Nein", sagt Hofbesitzer Willi Steffens. "Meine Kunden wollen ja Fleisch essen und wissen, dass dafür ein Tier stirbt. Für sie ist es wichtig, dass sie sehen, wo und wie das Schwein gelebt hat."

Die Idee zum Fleischautomaten entstand bei einer Stallrenovierung. "Wir hatten eine Ecke übrig", erinnert sich Steffens. Schon öfter hatten Kunden nach einem Hofladen gefragt, welcher aber personell und zeitlich nicht umsetzbar wäre. Die Lösung: ein Automat, der regelmäßig mit frischem Fleisch aufgefüllt wird. Kurzerhand wurde eine Wand gezogen, das große Sicherheits-Glasfenster zum Stall eingelassen und der etwas andere Hofladen eröffnet. Im vorderen Automaten bekommt man nun alles von der Schinkenwurst bis zum Schweinelachssteak. Dahinter wartet noch ein zweiter Automat mit Eiern, Suppen und Getränken auf die Kunden.

Besonders Kinder erfreuen sich an dem Einblick in den Schweinstall. "Für uns ist das natürlich auch eine Art der Öffentlichkeitsarbeit", sagt Willi Steffens und ergänzt: "Das hier sind jedoch keine Alibischweine, so leben alle meine Tiere."

Die größte Besonderheit in den großen Außenklimaställen fällt sofort auf: das Stroh auf dem Boden. Dieses sorgt für Beschäftigung, eine gute Luftqualität und damit auch für besseres Fleisch. "In den konventionellen Tierhaltungsbetrieben herrscht ein starker Ammoniakgeruch, da die Ausscheidungen der Tiere sich unter den Gittern sammeln. Das ist vergleichbar mit einer Toilette die nie abgespült wird. Unsere Schweine atmen frische Luft, und das schmeckt man später", erklärt der Landwirt. Schweine sind sehr saubere Tiere und erledigen ihr Geschäft in der Regel an einem Punkt, der am weitesten von der Futterstelle entfernt ist. Regelmäßiges Ausmisten gehört natürlich trotzdem dazu.

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Ein weiterer Nebeneffekt der Strohhaltung: Schweine haben ein ähnliches Temperaturempfinden wie der Mensch. Ist dem Einen zu warm, kann der Andere schon frieren. Da die Temperaturregelung über den Bauch erfolgt, kann jedes Schwein selbst entscheiden, ob es sich im Stroh aufwärmt oder sich auf dem kühlen Betonboden im hinteren Teil des Stalls abkühlen möchte. In anderen Ställen wird die Temperatur durch laute Ventilatoren geregelt, die für zusätzlichen Stress bei den Tieren sorgen.


Beobachtet man die Schweine ein Weile durch das Fenster, fallen auch die typischen Ringelschwänze ins Auge. Da sich in deren hinteren Drittel keine Nerven befinden, fangen Schweine in konventioneller Haltung oft unter Stress oder vor Langeweile an, dort hineinzubeißen, ohne, dass das betroffene Tier es merkt. So entstehen blutige Wunden, und Bakterien können eintreten. Aus diesem Grund werden die Schwänze dann kupiert. Da die Schweine auf dem Pötterhof aber deutlich mehr Platz haben, als das Tierschutzgesetz vorschreibt, können sie spielen, sich austoben und kommen gar nicht erst auf solche Ideen.


Auch das Futter kommt aus eigener Herstellung, ohne Chemikalien oder anderen Zusätze. "Wenn man es besser weiß, muss man es besser machen" ist das Motto des Schweinebauern. Was er anders macht: Er schlachtet nur auf Nachfrage. Seine Abnehmer wie zwei große Supermärkte oder kleinere Hofläden müssen eine bestimmte Menge bestellen. "Es kommt auch schon mal vor, dass wir ausverkauft sind. Das ist dann so", berichtet er. Geschlachtet wird auf dem nächstgelegenen Schlachthof in Kaldenkirchen. Den Transport dahin übernimmt der Pötterhof selbst am Abend davor, so muss das Schwein nicht unter Transportstress geschlachtet werden. Auch der Kühltransport zum Zerlegen liegt hier in der Hand des Erzeugers.
"Wir kommen langsam in eine Zeit, in der die Menschen wieder umdenken. Lange durfte das Auto tausende Euro kosten, das Essen musste aber möglichst billig sein. Heute wird langsam wieder auf Qualität und Herkunft geachtet, nicht auf den Preis", freut sich Steffens. Dadurch, dass er trotz der tollen Haltungsbedingungen, die in der Umsetzung natürlich nicht günstig sind, den Fleischpreis nicht immens in die Höhe schnellen lässt, verdient sich Willi Steffens zwar keine goldenen Nase, ist aber dafür ein Bauer mit glücklichen Schweinen, einem guten Gewissen und zufriedenen Kunden.


Noch bis nächsten September betreibt er den Fleischautomaten auf Probe, dann entscheidet er, wie es weiter geht. Um sich ständig zu verbessern gibt es sogar ein Gästebuch, welches sich der Landwirt nahezu jeden Tag durchliest. Ob Sortiment-Anregungen oder Öffnungszeiten — alles wird beachtet und wenn möglich umgesetzt. "Es war so schön, die glücklichen Schweine zu sehen, ich konnte fast kein Fleisch kaufen", schreibt ein Kunde und zaubert ein Lächeln auf das Gesicht des Hofbesitzers.

(Report Anzeigenblatt)